Kultur: Bitterböse Satire mit saurem Unterton
Hörspielpremiere von „Megadeal süß-sauer“ heute im Waschhaus
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China kauft die neuen Länder! Warum eigentlich nicht? Ausländische Investoren sind im wirtschaftsschwachen deutschen Osten bekanntlich gern gesehen. Die Asiaten jedoch verfolgen einen außergewöhnlichen Plan. Nach ersten Waldkäufen in Thüringen und dem Erwerb des ehemaligen Militärflughafens in Parchim greifen sie schließlich nach der gesamten Fläche der einstigen DDR, um eben diese in ihren realsozialistischen Zustand zurückzuversetzen. Als Ferienressort für die im eigenen Lande eher störenden Altmaoisten.
Ein absurdes Szenario, das sich Florian Goldberg und Heike Tuch haben einfallen lassen. In ihrem Hörspiel „Megadeal süß-sauer“ lassen sie zwei Journalisten die Hintergründe dieser Landnahme aufdecken. Heute Abend um 20 Uhr wird das als Radio-Sondersendung inszenierte Hörstück im Waschhaus präsentiert. Mit dabei: Hendrik Röder, Chef des Brandenburgischen Literaturbüros, der am „Megadeal“ mitwirkte. Als Geschäftsführer einer deutschen Projektentwicklungsgesellschaft leitet er geheime Planungsrunden, in denen eine überambitionierte Marketingfrau, ein skrupelloser Geschäftsmann und ein noch immer auf Linie marschierender Stasi-Offizier das Urlaubsparadies in den Mauergrenzen von 1975 erstehen lassen. Mitschnitte von Sitzungen dieser verschworenen Gemeinschaft sind den Journalisten auf dem Schwarzmarkt zugespielt worden. Brisantes Material. Enthüllt es doch, dass das chinesische Refugium „Neuer Osten – Xing dongfang“ auch deutsche Interessen berührt. Mit einem Schlag gäbe es in den Neuen Ländern Vollbeschäftigung. Keine Arbeitslosen mehr, kein Hartz IV. Das könnte der Bundesregierung nur recht sein. Steckt sie etwa selbst dahinter? Oder der Bundesnachrichtendienst? Haben deutsche Unternehmen den Ausverkauf des Ostens betrieben, fragen die Journalisten?
Die Hörspielautoren Florian Goldberg und Heike Tuch stechen tief hinein in das wabernde Unbehagen über die nicht aus dem Knick kommenden Neuen Länder einerseits und die aufstrebende asiatische Wirtschaftsmacht andererseits. Sie treiben die Unsicherheiten zynisch auf die Spitze. Sämtliche Vorurteile und Klischees werden bedient und grotesk überhöht: hier die nostalgischen, sich nach staatlicher Umsorgung zurücksehnenden Ostdeutschen, dort die altkommunistischen Starrköpfe aus China, die Militärparaden lieben, Straflager und Kampfsitzungen. Dazu eine Truppe seelenloser Geschäftemacher, die die Vereinigung beider Seiten als geniale Verkaufsidee feiert. Eine bitterböse Satire mit saurem Unterton.
Zur Hörspielpremiere dieser „Sondersendung“, die mit Nachrichtensprecher Jo Brauner, mit Live-Schaltungen und Korrespondentenberichten verblüffend authentisch wirkt, gibt es heute Abend im Waschhaus ein Gespräch mit den Autoren. Außerdem zu Gast sind die ARD-China-Korrespondentin Eva Corell und der Tibet-Experte Franz Binder. Die Moderation übernimmt Robert Skuppin von radio eins. Antje Horn-Conrad
Antje Horn-Conrad D
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