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Kultur: Blümchenmuster und wolkige Farbigkeit

Jana Feiler und Steffen Mühle in der Galerie Sperl

Stand:

Wenn man die Ausstellung „Potsdamer-Kunstszene 2“ in der Galerie Sperl im Holländischen Viertel betritt, wird das Auge von einem großformatigen Bild gefangen, auf dem die riesige Sonne golden im Wasser versinkt. Sie hat den Himmel in ein übernatürliches Orange mit dunkleren Punkten getaucht, und auf dem Flusslauf dümpeln drei große Dampfer in einer gebrochenen Linie unter starker Rauchabsonderung hintereinander her. Unbeeindruckt von dem Naturschauspiel bückt sich am blau-dunkelrot gefärbten, mit weißen Steinchen durchsetzten Strand ein Mann, als habe er gerade etwas Wertvolles entdeckt. Diese Arbeit ist eine der neueren von Steffen Mühle, den die Galerie Sperl in Kombination mit der weichen, märchenhaften und manchmal hyper-harmonischen Malerei von Jana Feiler zeigt.

Die hintergründige Fantasie des Künstlers Mühle zeigt sich im Titel, „Weischer Rauch am Pleisse-Strand“: Weischer und Rauch sind Namen bekannter Maler der Neuen Leipziger Schule, und die Pleiße, dieses kleine, vertunnelte Flüsschen, dem man zu DDR-Zeiten arg zugesetzt hat, erhält fast meeresgroße Dimension. Mühle arbeitet am Computer, in den er verschiedene Bildquellen speist und sie zu poetischen Montagen zusammenfügt, auf denen Blümchentapeten und andere Muster kleinbürgerlicher Weltheilung eine große Rolle spielen. Sein „Bovist“ liegt wie eine Bombe auf einem weiß bedeckten Tisch und droht, gleich alles in die Luft fliegen zu lassen. Auch der „Vulkan“, den man in anderer Farbigkeit und geringerer Größe schon gesehen hat, spielt mit dem Feuer und taucht die gesamte Blümchenlandschaft in ein dunkles, bedrohliches, aber überaus lyrisches Rot. Abertausende Möhrchen purzeln bei „Asservat“ übereinander in einen Kellerraum, dessen berankte Wände versuchen, eine Idylle zu beschwören, die man in den fünfziger und sechziger Jahren in vielen deutschen Wohnzimmern fand. Diese harmonisierenden Elemente machen auf eine dissonante Welt aufmerksam, was wiederum die Fantasie des Betrachters provoziert und den Denkmotor in Gang setzen kann. Auch mit den unbetitelten Arbeiten, die Obst und Blumen weich gezeichnet ganz groß werden lassen, stellt der Fotograf Idylle bloß, ohne sie zu denunzieren. Das ist eine Kunst.

Während der 1960 in Berlin geborene und die Kunstschule in Leipzig als Meisterschüler absolvierte Mühle per Ironie und Witz dekorative Elemente mit Wirklichkeitsausschnitten zu narrativen und ästhetischen Gebilden doppelbödig montiert, geht die 1965 in Potsdam geborene Jana Feiler einen ganz anderen Weg. Mit soften Farben in orange, hellblau, rosa schafft sie märchenhaft-evasive Bilder, aus denen Harmonie und Idylle sprechen. Stärker als zwischen diesen beiden Potsdamer Künstlern könnte der Kontrast nicht sein. Mühles kräftiges Sicheinmischen und Ver-Denken der Wirklichkeitsdimension trifft auf eine etwas wolkige, mit sanftem Strich und vielen schmalen Artistenrädern durchzogene weibliche Sinnlichkeit, die auf Schönheit aus ist. Bei Jana Feiler gibt es Sanftmut und Freundlichkeit, Übereinstimmung und elegische Ruhe, die, wenn die Bilder so geballt hängen wie in den oberen Räumen der Galerie, Gefahr laufen, ein bisschen ins Spannungslose zu driften. Die Mondsichel, Babywagen, Spielräder, goldenen Kleidchen erhalten in den besten Arbeiten eine Leichtigkeit, die spielerisch einen galanten Schleier über die Wirklichkeit legen und an Kinderträume auf sommerlichen Wiesen denken lassen.

Jana Feiler hat in Weißensee Bühnen- und Kostümbild studiert und macht in ihrer Arbeit nicht Halt bei Leinwänden, sondern gestaltet auch komplette Räume. Die „PotsdamerKunstszene2“ gibt der seit 1999 freiberuflich Tätigen viel Raum zur Präsentation ihrer neuesten Arbeiten, und nicht umsonst streben die Bilder mit der Galerie in luftige Höhen. Manchmal täte ein schwereres Gegengewicht gut, das Werk der sensibel farblich Gestaltenden wieder auf einen festen Boden zu holen.

Zu sehen in der Sperl Galerie, Mittelstraße 30, bis 12. August, Mittwoch - Sonntag 12 bis 18 Uhr.

Lore Bardens

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