
© Manfred Thomas
Kultur: Blumen der Freundschaft
Auf der Freundschaftsinsel wird die Verbundenheit mit Korea gefeiert – auch mit einer Ausstellung
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Die Elemente geraten bei Ina Lindemann in einen wilden Tanz. Aufspritzendes Blau ergießt sich wie Wasser über die Leinwand, bildet Ufer, wird von einem roten Keil torpediert. Man könnte fast sagen: die Elemente kämpfen, halten sich aber im Gleichgewicht. Zu sehen sind ihre Arbeiten – zusammen mit denen anderer Künstlerinnen aus Berlin und Südkorea – an diesem Wochenende im Pavillon auf der Freundschaftsinsel.
„Lichtung“ hat Marianne Gielen ihre beiden Bilder genannt, auf denen sich eine Feuersbrunst einen Weg durch das Unterholz zu brechen scheint. Bei der koreanischen Künstlerin Kim Sookkyoung wiederum sitzt ein feurig roter Vogel auf der Schulter eines Mannes, der versonnen an einem Lutscher dreht und anscheinend nicht so recht weiß, wie er den gefiederten Freund einordnen soll. Und im matten Abendrot glüht die Landschaft der koreanischen Künstlerin Ha Yeonsoo. So entsteht ein Spannungsbogen zwischen abstrakten, expressiven Positionen und feinteiliger realistischer Malerei.
Von mehreren Besuchen in Seoul in den vergangenen Jahren schwärmen die Berliner Künstlerinnen noch immer. „Wunderbar freundliche Menschen sind das. Und die Stadt, eine riesige Metropole, aber vorbildlich organisiert. Nicht ein Bonbonpapier liegt dort auf dem Boden“, sagt Ina Lindemann. Und: Kunst werde in Korea vielfältiger aufgefasst als in Deutschland, auch Keramikarbeiten und einiges, was in Deutschland eher als kunstgewerblich eingeschätzt wird, gehört dort dazu.
Um bessere Verständigung zwischen Deutschland und Korea bemüht sich Jan-Rolf Janowski, wenn er aus seinem Buch „Fettnäpfchenführer Korea“ liest. Und darauf, dass Asien gar nicht so fern liegt, verweist Jörg Näthe. „Viele Pflanzen, die wir hier täglich sehen und pflegen stammen aus Asien, auch aus Korea“, sagt der ehemalige Inselgärtner der Freundschaftsinsel. Ginkgo-Bäume, Taglilien, Forsythien, vieles, was europäische Gärten erblühen lasse, stamme nicht aus Europa. Wie die Pflanzenwelten zusammenhängen, zeigt Klaus Klopfer in seinem Vortrag „Eine botanische Reise nach Korea“.
Denn: Kunst und Natur fließen an diesem Wochenende auf der Freundschaftsinsel zusammen – beim Inselfest, das in diesem Jahr mit „Feuer und Wasser“ übertitelt ist. In den vergangenen Jahren waren dazu bereits China, Vietnam und Japan zu Gast, diesmal also ist Südkorea der Partner. Veranstaltet wird das Fest vom Verein Freunde der Freundschaftsinsel. Die rund 20 Bronzeskulpturen des Gartens werden beim Fest übrigens nicht zu sehen sein – die Potsdamer Blumenmalerin Charis Schwinning wird sie mit Papier einkleiden. So wird aus der Insel ein asiatisches Kleinod für eine Nacht.
Nur beim schönen Schein bleibt es nicht: Die in Berlin lebende koreanische Landschaftsarchitektin Jeong-Hi-Go liest aus „Wildblumenbriefen aus dem Gefängnis“. Die Briefe schrieb Hwang Dea-Kwon – in der Zeit vor der Demokratisierung Südkoreas – im Gefängnis. Hwang Dea-Kwon wurde aus politischen Gründen inhaftiert und gefoltert. Sich mit Blumen zu beschäftigen, einen Gefängnisgarten anlegen – das rettete ihm wohl das Leben. Jeong-Hi-Go hat auch den „Garten der Erinnerung“ übersetzt, ein Buch von Karl Förster, dem Gründer und Schutzpatron der Freundschaftsinsel.
Die Zusammenarbeit mit Südkorea möglich gemacht hat die Berliner Künstlerin Sooki, die selbst aus Korea stammt und sich seit Jahren für den Kulturaustausch engagiert. Erst in dieser Woche habe sie die Bilder der Koreanerinnen vom Zoll abgeholt, sagt Sooki, die auch die Verbindung zum koreanischen Kulturinstitut hergestellt hat, das das Fest unterstützt. Bande zwischen Berlin und Korea gibt es aber schon viel länger: In den 60er-Jahren kamen viele Koreaner nach Berlin und in die DDR, ihre Kinder, prägen das Leben hier heute mit. Und: Berlin sei, so Sooki, auch ungeheuer hip für Koreaner, die heute kommen. Für sie sei es eine Art Schnittstelle zwischen Asien und Europa.
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Richard Rabensaat
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