Kultur: Boshaftes Gewimmel
Die Galerie Sperl zeigt eine Ausstellung mit neuen Bilder des Malers Malte Brekenfeld
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Im Haar der „unparfümierten, doch begehrenswerten Waldfrau“ hat sich ein kleiner, grüner Waldvogel eingenistet. Eine Hagebutte und ein Spielzeugfahrrad kleben ebenfalls im Haar. Melancholie umweht ihre Züge, ebenso wie die des „Neandertalers“. Der allerdings trägt einen roten Trichter als Hut und hat eine bunte Bemalung angelegt.
Malte Brekenfeld versammelt in seiner Ausstellung in der Galerie Sperl ein buntes Sammelsurium recht skurriler Typen. Manche Szenerien scheinen vertraut. Die „Spielwiese“ beispielsweise, ein Casino-Tisch. Eine sonderbare Gesellschaft hat sich dort eingefunden. Männer mit weißem Hemd, Krawatte und offensichtlich zu hohem Blutdruck zeigen, wild fuchtelnd, mit dem Finger aufeinander. Eine Frau mit dunkel getönter rosa Brille überwacht die Szene. Irgendwo segelt ein kleiner Osama bin Laden auf einem fliegenden Teppich vorbei. Der Kasino-Kapitalismus zeigt sein hässliches Antlitz. Allerdings scheint sich der Maler bei seiner Szenerie eher an den Typen der historischen Kollegen wie Otto Dix und George Grosz zu orientieren, als am smarten Manager von VW oder Schering. Der würde ganz sicher nicht Zigarre rauchen und vermutlich auch kein Übergewicht haben.
Den 1966 bei Teterow geborenen Brekenfeld interessiert die Realität nicht sonderlich. Jedenfalls nicht im Sinne eines „kritischen Realismus“, oder einer sonst wie gearteten Propagandamalerei. Der Maler liebt das Fantastische, Versponnene. Manchmal schleicht sich ein hintergründiger Witz in seine Bilder. „Stefanie“ zum Beispiel möchte einmal auf dem Dach der Kaaba stehen und kleine Steinchen herunterwerfen. Dabei posiert Stefanie mit an den Leib gepressten Händen neben einem großen schwarzen Block.
Breckenfelds Bilder strotzen vor Farbe, vor Lust am Material und an der intelligenten Bildkonstruktion. Handwerklich grundsolide, mit pastosem Strich auf die Leinwand komponiert, offenbaren die Bilder dennoch eine verschrobene Komik. Beispielsweise wenn der „kleine alte König“ den letzten Rest Würde eingebüßt hat, Totenköpfe über seine Schulter schauen und er mit fettem Bauch, nackt, an der Fernbedienung herumfummelt.
Noch hintergründiger allerdings sind die Zeichnungen, die Brekenfeld, vorwiegend mit Bleistift, Aquarell und Tusche auf Büttenpapier ausgeführt hat. Die „Zusammenballung von des Gutsein-Müssens überdrüssiger Engel“ ist ein Haufen verdrießlich zusammengeknüllter Leiber und Gesichter. Auf dem „Raumschiff Mutterkuchen“ hat sich eine etwas blutige Flora angesiedelt. Bei den Blätterbogen findet Brekenfeld mit seiner speziellen Kombination von Bütten und Bleistift zu einer, soweit ersichtlich, völlig singulären zeichnerischen Position. Die Leichtigkeit des dahingehauchten Bleistiftstrich ist nicht auf die schwergewichtige Ölmalerei übertragbar.
Was auf den ersten Blick in der Bilderwelt Brekenfelds sonderbar erscheint, verbirgt nicht selten eine hintergründige Symbolik. Im „Bildnis Gott“ züngelt eine verräterische Schlange, die seit jeher das Paradies verdirbt. Der Regenbogen als Symbol des göttlichen Bundes bricht jäh ab, eine Perlenkette spielt auf die mittelalterliche Versinnbildlichung Christi an. Der Maler weiß natürlich, dass ein solcher, bedeutungsschwerer, Zitatenreigen in säkularer Zeit nur durch ironische Brechung zu ertragen ist. Wohl deshalb lächelt sein „Gott“ recht einfältig.
Bevor sich Brekenfeld gänzlich auf die Kunst einließ, studierte er zwei Semester Biologie und schloss dann ein Studium in Kommunikationsdesign in Berlin-Weißensee ab. Es folgten viele Reisen, die möglicherweise den Blick für die vor Fantasie sprühenden Bilderwelten öffneten. Ein Nachklang der Qualifikation als Werbefachmann findet sich nicht zuletzt in den poetischen, narrativen Titeln der Bilder die erheblichen Witz versprühen. „7 ernsthafte Leute spielen Wal“ oder „Lona Misa, Neuschamanin aus Winzlow an der Ücker“ betiteln Bilder, die zwar eine Geschichte anreißen, aber dann doch nicht illustrativ bleiben, sondern zur Kunst werden. Denn die wimmelnden Bilderwelten stimmen einen sehr eigenen Ton an, im Detail steckt Boshaftes.
Malte Brekefeld, 24. August bis 7. Oktober; Mittwoch bis Sonntag 12 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung; Wilhlem Staab Straße 10/11 (www.sperlgalerie.de)
Richard Rabensaat
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