zum Hauptinhalt
Mit Körperaufrichtung und Stimmübungen. Die Brasilianerin Claudia Jennings ist ausgebildete Chor- und Orchesterleiterin, sie übernimmt jetzt das Claudiusensemble und den Jugendkammerchor.

© Andreas Klaer

Kultur: Brahms und brasilianische Rhythmen

Claudia Jennings aus São Paulo liebt deutsche Musik und leitet seit Kurzem zwei Chöre der Singakademie

Stand:

Für ihre Lieblingsmusik hat Claudia Jennings sogar Deutsch gelernt. „Ich glaube, die Deutschen wissen gar nicht, was sie hier Wunderbares haben“, sagt die kleine Frau bei einem Kaffee in der Spätsommersonne. „Ihr habt hier einige der besten Chöre und Dirigenten der Welt“, schwärmt sie weiter. „Der Rias Kammerchor, der ist weltweit bekannt!“

Seit wenigen Jahren gehört die Brasilianerin bereits selbst zur Musikszene Berlins, wo sie schon als Studentin stets die Semesterferien verbrachte. Und nun wird die 27-Jährige auch in Potsdam wirken: Claudia Jennings übernimmt ab sofort die Leitung von zwei Chören der Singakademie Potsdam, des Claudius-Ensembles und des Jugend-Kammerchors.

Dass die junge Frau jetzt Chorsänger, darunter gestandene Männer, dirigieren wird, die womöglich schon länger Musik machen als Jennings auf der Welt ist, findet sie unproblematisch. Auch die Mitglieder des Claudius-Ensembles, eines erst jungen A-capella-Chores, sahen das während der Probestunde gelassen. „Das sind gute Sänger und die machen alles mit. Ich glaube, das wird gut, mit einer jungen Chorleiterin“, sagt Jennings entspannt lächelnd.

Sie sei in einer sehr musikalischen Familie in São Paulo aufgewachsen, sagt sie. Die Mutter war Musiklehrerin, der Vater, von Beruf Arzt, spielte mehrere Instrumente. „Ich konnte vom Blatt singen, bevor ich lesen und schreiben konnte“, sagt sie. Mit fünf Jahren begann sie, Klavier spielen zu lernen, sang in Chören, lernte Blockflöte und später klassisches Schlagzeug. Alles, was man für Orchester und brasilianische Popmusik so braucht, erklärt die Musikerin. Schlagwerk, Marimbaphone, Vibraphone. Irgendwann wusste sie, dass sie das auch beruflich machen will. Sie studierte in Brasilien und New York City, wo ihre Schwester eine Musikschule leitet, Chor- und Orchesterleitung und Schlagzeug: für Frauen eine seltene Fachkombination. Und sie probierte sich aus. So war sie mit einem Kollegen als Duo unterwegs, um Geld zu verdienen, aber das gefiel ihr nicht. Sie wusste, dass sie Dirigentin werden will. Als sie in Brasilien auf Hans-Peter Schurz, den Leiter des Landesjugendchores Brandenburg, traf, knüpfte sie Kontakte. „Ich hab ihm gesagt, ich will die deutsche Chorszene kennenlernen.“ Schurz ludt sie ein nach Berlin, zum Hospitieren, sie verliebte sich und begann Deutsch zu lernen.

Vor allem spürte sie, dass sie hier richtig ist, was ihre berufliche Zukunft betrifft. In Hannover beendete sie ihren Master-Studiengang Kinder- und Jugendchorleitung. Sie begeistert sich auch für die sogenannte Solmisations-Methode, bei der, vereinfacht gesagt, Silben und Handzeichen als Tonnamen verwendet werden. Eine Technik nach dem ungarischen Komponisten Zoltán Kodály, nach der in Ungarn heute jedes Schulkind singen lernt, sagt sie. Die erwachsenen Sänger dürfen aber weiterhin nach Noten singen, doch die Silben-Methode passt zu ihrer grundsätzlichen Arbeitsweise. Beim Dirigieren eines Chores lasse sie ausschließlich die Hände sprechen, da brauche sie keinen Stock, sagt Jennings. „Man arbeitet mit Händen, Mimik und Körpersprache.“ Einen Taktstock braucht sie höchstens für das Dirigieren eines Orchesters, um präzise Angaben für eine große Gruppe zu machen, sagt sie.

Die Chorproben mit ihr werden stets mit intensivem Einsingen, Körperaufrichtung, Atemübungen und Stimmübungen beginnen, sagt Jennings. Das ist ihr wichtig. „Es wird sehr interessant, jeder Sänger bringt ja etwas anderes mit. Es könnten aber ein paar mehr sein.“ Etwa 25 Mitglieder hat das Claudiusensemble und vor allem viel zu wenig Männerstimmen. Noch dramatischer ist die Lage im Jugendkammerchor. Aufgrund der großen Fluktuation, weil junge Leute fürs Studium oder für ihre Ausbildung Potsdam verlassen, ist der Chor in den letzten Monaten auf ein gutes Dutzend Mitglieder geschrumpft.

Den Jugendkammerchor müsse sie erst mal kennenlernen, sagt Jennings, für das Claudiusensemble hat sie bereits Pläne. Zunächst geht es klassisch weiter. In der Weihnachtszeit sind Konzerte mit internationalen Weihnachtsliedern geplant, diesmal werden auch brasilianische dabei sein. Natürlich werde sie des Öfteren Musik aus ihrem Heimatland vorschlagen. Letztlich aber hänge sie doch sehr an deutscher Musik. „Brahms, Mendelssohn-Bartholdy, das sind meine Lieblingskomponisten“, sagt sie.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })