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Kultur: Brückenbauer zwischen den Kulturen

Steffen Findeisen tritt mit „Die Mimose“ im Kunsthof Glindow auf

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Steffen Findeisen tritt mit „Die Mimose“ im Kunsthof Glindow auf Klingeln tragen Nummern. Die separat angebrachten Briefkästen sind mit Namensschildern versehen. Zwei marode Fahrstühle aus DDR-Zeiten transportieren unzählige Menschen in die langen leeren Gänge. „Hier spielt das Leben“, scherzt Steffen Findeisen, „vom unbemerkten Selbstmord bis hin zur fröhlichen Familienfeier.“ Sein Wohnhaus ist inmitten der Stadt – nahe der Freundschaftsinsel, auf die sich der Schauspieler gern zurückzieht. Das Grün in der Stadt erinnere ihn immer wieder an seine Zeit in Bali. Vor vier Jahren ging der Potsdamer zum Maskentanz-Studium an die indonesische Kunsthochschule Denpasar. Das Spiel mit den Masken fasziniere, fordere ihn immer wieder neu heraus. Mit Masken, ähnlich wie die Schminke der Pantomime, erhalte das Schauspiel einen anderen Ausdruck. Trotz ihrer starren Wahrnehmung könne durch Masken eine Seele fließen. Bereits vor dem Bau einer Maske, werde in Indonesien genauestens überlegt, welches Holz geeignet sei. „Der Maskenbauer fragt dann einen Baum um Erlaubnis, ob er ein Stück seines Holzes nutzen dürfe.“ Alles habe Leben und Geist, ein Baum sei dort nicht „bloß“ ein Baum, alles gehöre in eine spirituelle religiöse Welt, erfuhr Steffen Findeisen. In seinem Theaterprojekt „Nadi“ fließen diese Erfahrungen ein. „Nadi“ bedeute soviel wie Fluss und kommt aus dem Sanskrit und beschreibe den fließenden Moment der kreativen Zusammenarbeit. Mit seiner japanischen Kollegin Noriko Seki entwickelte Findeisen das chinesische Volksmärchen „Die Mimose“. Erzählt wird die Geschichte eines jungen Fischers. Täglich trifft dieser am Fluss einen alten Mann, der immer die größten Fische fängt. Der Jüngling möchte hinter das Geheimnis kommen, doch statt eine Antwort zu erhalten, muss er sich auf eine lange Reise begeben, bei der er unter anderem einer liebreizenden Lotos-Fee begegnet. Das Stück thematisiere die Natur des Menschen und das Leben mit seinen hellen und dunklen Seiten. Das Theater wolle Begegnung schaffen zwischen Asien und Europa. Der Potsdamer selbst verstehe sich als eine Art Brückenbauer zwischen den Kulturen, Denkweisen und Religionen. Steffen Findeisens künstlerische Wurzeln liegen in der Vorwendezeit, wo er im einstigen Potsdamer Pionierhaus russisches Balletttraining erhielt. „Es war eine harte Zeit“, erinnert sich der heute 40-Jährige. Diese Intensität einer Ausbildung habe er während seines Aufenthaltes in Indonesien noch einmal erlebt, als er von einem Meister des Maskentanzes in die traditionelle Kunst unterwiesen wurde. Nach der zehnten Klasse folgte die Ausbildung zum Maschinen- und Anlagemonteur mit Abitur im einstigen Karl-Marx-Werk. Eigentlich hatte er vor, wie sein Vater auf hohe See zu gehen. Fernweh klingt aus seiner ruhigen Stimme. Seine blauen Augen leuchten unter den Augenbrauen, die wie Kommas, gleich den nachgezeichneten Brauen eines weiß geschminkten Pantomimen, wirken.Gern hätte er nach der zwölften Klasse Schiffsmontage studiert, stattdessen folgte eine Ablehnung. Möglicherweise lag es an seinen kirchlichen Aktivitäten, glaubt er. Nach seiner Armeezeit sei er auf der Suche gewesen, war Tierpfleger, Schriftmaler, Dekorateur. In jener Zeit habe sich der Wunsch verstärkt, Schauspiel zu studieren. Zunächst begann er seine Ausbildung in der „Etage“ in Berlin und wechselte später nach Paris, um seine Kenntnisse als Pantomime und Mime zu intensivieren. „Ich wollte nicht nur die klassische Theaterausbildung“, meint Findeisen. Der Ausdruck, die Expression interessierten ihn. Oft seien das Gesicht und die Hände beim Schauspiel tot, anders bei der Pantomime, wo sie tragende Bedeutung erhalten. Stationen seines künstlerischen Schaffens sind das Glindower Wandertheater „Ton und Kirschen“ und die Hamburger Schauspielcompany „Adhoc“. Nach wie vor reist Findeisen nach Indonesien, gibt Pantomime-Workshops, probiert sich im Bereich des Marketing und arbeitet an Theaterprojekten. Mit dem, was er tut, möchte er Geschichten erzählen, denn das Leben sei Geschichten erzählen. Er verstehe sich als Künstler. Kunst ist Teil seines Lebens und komme aus ihm, er mache sie nicht um seiner selbst willen, sondern für das Publikum – das habe er in Indonesien gelernt. Ulrike Strube „Die Mimose: Sonntag, um 16 Uhr, im Kunsthof Glindow, Dorfstraße 40.

Ulrike Strube

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