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Kultur: Bücher im Netz

Historische Raritäten der Bibliothek digitalisiert

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Er war „thatenreich“ und „gotteselig“ – Kurfürst Friedrich Wilhelm der Große (1620-1688), sein Leben und Wirken bis zum „erbaulichen, seligen Tod“ war Stoff für eine Biografie. Das wertvolle Buch aus dem Jahre 1840 gehört zum Bestand der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam. Aufgrund des Alters, des Zustandes und auch seiner Seltenheit ist es eigentlich nur mit Samthandschuhen anzufassen. Ausgeliehen wird das einmalige Exemplar nicht. Nur Forscher können es im Lesesaal ansehen und darin blättern. Künftig soll es allen Interessierten möglich sein, sich das Wissen aus diesen Büchern anzueignen: am heimischen Schreibtisch über das Internet.

„Die Bibliothek hat einen reichen Schatz an historischen Büchern, die über die Geschichte Brandenburgs und Preußens informieren“, erläutert die Direktorin Marion Mattekat. 50 Titel stammten noch aus dem 16. Jahrhundert, 400 aus dem 17. Jahrhundert, etwa 1500 aus dem 18. Jahrhundert, weitere mehr als 20 000 Bücher erschienen bis zum 19. Jahrhundert. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden in der Potsdamer Bibliothek mehrere Sammlungen ein neues Zuhause. Der Bestand wurde durch Schenkungen und Ankäufe kontinuierlich erweitert.    

Hobby-Forscher, aber auch Wissenschaftler entdecken hier wichtige Quellen zur Landesgeschichte. „In keiner anderen Einrichtung Brandenburgs sind sie in der Ausführlichkeit zu finden“, berichtet Mattekat. Darunter seien viele Raritäten, wie „Johann Bernoullis Lustreise nach der Lausitz im Sommer 1779“. Aber auch Enzyklopädien, literarische Werke, Lexika oder regionalkundliche Schriften gehören zum Bestand.    

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB), eine Bund-Länder-Initiative, setzt sich dafür ein, jedermann Zugang zu Informationen aus über 30 000 Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen zu verschaffen. Teilweise meherere Jahrhunderte alte Kostbarkeiten sollen digitalisiert werden. Das geplante Portal soll einen zentralen digitalen Zugang zu Kultur und Wissen im deutschsprachigen Raum schaffen. Die Digitalisierung der Potsdamer Schätze übernimmt der Potsdamer Verlag Klaus-D. Becker. „Ein zeitaufwendiger Vorgang“, sagt Verleger Becker. Nicht jedes Buch werde ausgewählt. Entscheidend sei, ob es selten sei und daran größeres Interesse bestehe.

Seite für Seite wird eingescannt. Dann folgt am Computer die Feinarbeit: mit Bearbeitungsprogrammen wird an den Farbschattierungen gearbeitet, um einen Eindruck vom Alter des Werkes rüberzubringen. Gleichzeitig soll alles gut lesbar sein. Verlinkungen folgen, der Inhalt wird erfasst und Suchoptionen werden eingestellt. 150 Bücher wurden bereits digitalisiert. Die ersten können im Internet abgerufen werden. Doch manche Bücherliebhaber wollen auf das herkömmliche Umblättern der Seiten nicht verzichten. Becker hat bemerkt: gedruckte Reprints der historischen Werke sind gefragter als auf CD angebotene digitale Versionen.

Im Test sind trotzdem E-Books mit brandenburgischen Schätzen. Hier gibt es aber eine Schwierigkeit: jedes Buch muss quasi „übersetzt“ werden. Gedruckt in deutschen Lettern, die heute nicht mehr jeder lesen kann, muss der Text in die seit dem 20. Jahrhundert gängigen lateinischen Buchstaben Wort für Wort übertragen werden. Das Rascheln der Seiten und den Geruch der alten Bücher muss man sich denken. Gudrun Janicke

Gudrun Janicke

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