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Kultur: Busennadel für Diener Exponate der Ausstellung „Kaiserliche Geschenke“

im Potsdam-Museum (5) / Von Jörg Kirschstein

Stand:

In der Ausstellung „Aus allerhöchster Schatulle-Kaiserliche Geschenke“ des Potsdam-Museums werden noch bis zum 4. Januar 2009 über 100 Geschenke des letzten deutschen Kaisers und seiner Familie vorgestellt. Zu den seltenen Objekten gehören kostbare Schmuckstücke, hochwertige Porzellane aus der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin (KPM), sowie gerahmte und handsignierte Fotografien Wilhelms II.

„Für die mühevolle Überbringung der beiden Teckel für Seine Majestät zur nächsten Bahnstation" soll dem jungen Kammerdiener Spengel eine Busennadel in Form des deutschen Reichsadlers zugesandt werden, so der Wunsch Wilhelms II. Bei der goldenen Nadel handelt es sich um ein überaus kostbares Exemplar, das mit zahlreichen Brillantsplittern und einem Saphir versehen ist. Es verwundert nicht, dass der Monarch diesen kleine Gefallen mit einem so wertvolles Geschenk belohnte, hatte er doch zu seinen Hunden ein besonders enges Verhältnis. Erhalten ist nicht nur das Geschenk im originalen Etui, sondern auch der Brief, den das Oberhofmarschallamt an die Mutter des Kammerdieners geschrieben hat.

Immer dann, wenn der Empfänger eines kaiserlichen Geschenkes bekannt ist, gewinnt das Objekt an Bedeutung, denn es lässt sich eine eigene Geschichte erzählen.

Eines der kostbarsten Stücke der Ausstellung ist zweifelsohne ein Collier der Kronprinzessin Victoria (1840-1901). Vicky, wie die älteste Tochter der britischen Queen Victoria im Familienkreis genannt wurde, verschenkte die Pretiose als Hochzeitsgeschenk an die Tochter ihres Leibarztes, das gleichzeitig ihr Patenkind war. Das um 1880 von einem unbekannten Juwelier gearbeitete Schmuckstück hat eine goldene Kette mit tränenförmigen Zierelementen. Daran befestigt ist ein Medaillon, dessen Rand abwechselnd mit sechs Süßwasserperlen und fünf Türkisen verziert ist, im Zentrum ein roter Seidenrips unter Glas. Auf der hochgewölbten Vorderseite das Doppelmonogramm „F V“ für Friedrich und Victoria in Gold mit gefassten Süßwasserperlen und Türkisen, darüber die goldene heraldische Kronprinzenkrone mit rot emaillierter Unterfütterung.

Als ei besonderes Kuriosum der Ausstellung ist ein kleiner Kristallkugelanhänger mit zwei Schrotkugeln zu bezeichnen. Die beiden Schrotkugeln stammen von einem Attentat, das am 2. Juni 1878 auf Wilhelm I. (1797-1888) verübt wurde. Der Kaiser fuhr in einer offenen Kutsche auf der Straße Unter den Linden in Berlin Richtung Tiergarten entlang, als aus dem Haus Nr. 18 (Restaurant Busch) Schüsse fielen. Der Attentäter, Dr. Carl Eduard Nobiling (1848-1878), schoss mit einer Doppelladung Schrot auf den Kaiser und verletzte ihn schwer am Kopf, im Gesicht, den Armen und am Rücken.

Wilhelm I. sank – von 30 Schrotkugeln getroffen – stark blutend zusammen. Nur sein dicker Mantel und die Pickelhaube hatten ihn vor dem Tod bewahrt. Am Tag nach dem Attentat konnte der Kammerherr des Monarchen mitteilen, „bis jetzt sind dem Kaiser fünf Schrotkörner aus dem Gesicht und drei Schrotkörner aus der Wange gezogen worden“. Da sich schnell herausstellte, dass keine Lebensgefahr für den 81-jährigen Monarchen bestand, wurde beschlossen, einige Schrotkörner als Schmuckstücke verarbeiten zu lassen.

Eines von drei Exemplaren befindet sich in der Sammlung Geller und wird in der Ausstellung gezeigt; die kleine Kristallkugel trägt die Gravur mit dem Datum des Attentats „2. Juni 1878“. Dieses Exemplar hat Wilhelm I. seinem Korrespondenzsekretär und Schatullrat, Carl Bork, geschenkt. Bork gehörte zu den engen Vertrauten des Kaisers; so war es ihm als einzigen neben dem kaiserlichen Flügeladjutanten gestattet, ohne Anmeldung das Arbeitszimmer des Kaisers zu betreten. Ein zweites Exemplar gehört zur Sammlung Stichting Huis Doorn, ein Drittes befand sich im Berliner Hohenzollernmuseum Schloss Monbijou.

Der Autor des Beitrags ist Kurator der Ausstellung

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