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Kultur: Charmant und schmissig

Neujahrsgala des Landespolizeiorchesters

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Die Grünen sind Schwarze geworden. Nein, nicht in der Politik, sondern auf dem Podium. Statt in ihrem traditionellen Farbkleid erschienen die Musiker des Landespolizeiorchesters Brandenburg bei ihrer reichlich verspäteten Neujahrsgala zu sonntäglicher Matineezeit erstmals in edler Abendrobe: die Damen im großen Schwarzen, die Herren im Smoking. Elegant sehen sie darin aus, unsere Freunde und Helfer. Peter Vierneisel, der ranke Feldherr auf dem Podiumshügel, trägt Frack. Auch wenn bereits zwei Wochen ins Land gegangen sind, kommen die musikalischen Grüße zum neuen Jahr beim erwartungsfrohen Publikum im ausverkauften Nikolaisaal gut an. Melodien aus Operette und Musical hält das Programm bereit, allesamt für Blasorchester bearbeitet. Das meiste davon hört sich gefällig, geradezu blutdrucksenkend an. Einzig das Medley aus Franz Léhars „Lustiger Witwe“ weiß mit Augenzwinkern und herrlich „schrägen“ Tönen zu überraschen.

Drei-vier-ein Marsch – das klappt hier wie an anderer Stelle vortrefflich. Und auch die preußische Akkuratesse, mit der dreivierteltaktige Passagen aufklingen, lässt keine Wünsche offen. Ein einsamer Kontrabassist streicht dem flott Geblasenen manch vergnügliche Saitenanmerkung hinzu. Auffällig, dass die Klarinetten (als Streicher-Ersatz) den saitenflinken Aufgaben des ursprünglich Notierten nicht entsprechen können. So muss der Farbenreichtum der Originale hinter dem Gebotenen zurückstehen, erklingt u. a. das schmachtende Geigensolo in Offenbachschen „Orpheus in der Unterwelt“-Ouvertüre nun auf der Flöte. Doch auf dem für sie gewohnten Terrain erweisen sich die polizeilichen Spürnasen als erfolgreiches Klangteam.

Beschwingt-schmissig ertönt der Einzugsmarsch aus dem Strauss“schen „Zigeunerbaron“, mit Drive das Medley aus Lloyd Webbers „Starlight Express“. Wie denn die Wiedergabe der Musical-Ausschnitte (u. a. „Der Zauberer von Oz“) insgesamt überzeugender gelingt als das Operettige. Nun können auch einzelne Musiker per Solo (Saxophon, Tuba) oder im Duett (Posaune/Trompete) von ihrem Können künden. Solcher Absicht unterzieht sich auch die Sopranistin Dagmar Hoffmann, die sich „Chanté de Cour“ nennt. Will sie mit ihrem Singen dem Publikum den Hof machen? Wenn ja, geht es leider gehörig daneben. Zwar verfügt sie über eine höhenfeste und klare Stimme, die jedoch so klein scheint, dass sie der tontechnischen Verstärkung bedarf. Doch ist das, was voluminös, mitunter auch scharf und plärrig über die Boxen in den Saal tönt, nur aufgedrehten Reglern geschuldet? Mit Äußerlichkeiten (jeden ihrer sechs Auftritte absolviert sie in neuer Robe) und ranschmeisserischer Fröhlichkeit sucht sie, die über den Charme eines Kühlschranks verfügt, die Herzen des Publikums zu erreichen. Im aufgedonnerten Fantasiekostüm singt sie abschließend die „Erinnerung“ aus Webbers „Cats“: laut, aber nicht berührend. In ihrer Chanson-Zugabe „Ich gehöre nur mir“ zeigt sie, wozu sie eigentlich fähig ist – zu eigenen Gefühlen und Tönen. Über die banale bis peinliche Moderation von Marina Ringel (Antenne Brandenburg) schweigt des Kritikers Höflichkeit.

Peter Buske

Peter Buske

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