Kultur: Cool people
Die Band Autohype im fast leeren Lindenpark
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Nur eine kleine Gruppe von Schülern steht am Freitagabend vor dem Potsdamer Lindenpark. Auf der leeren Straße passieren nur dick eingepackte, weiße Atemwolken auspustende Jogger. Sicher, dass hier heute Abend ein Konzert stattfindet? Die Bügel an der Garderobe sind kahl, auf den Toiletten keine Spur der sonstigen Warteschlangen, auf der Tanzfläche: freie Platzwahl. Die fünf Bandmitglieder der Indietronic Band Autohype aus Leicester sitzen mit einem Bier an der Bar, als wenn sie sich Mut antrinken müssten.
Der Leitspruch der Band lautet „Idiots jog. Cool people disco“ (Idioten joggen, coole Leute machen Disko). Ihre Blicke schweifen von dem fast leeren Konzertsaal hin zu der grell erleuchteten Bühne. Dort spielt gerade die Vorband, das Potsdamer Trio The Drukes. Die eher schüchterne Schulband braucht sich im Publikum keine Sympathien mehr zu erkämpfen, da dieses größtenteils aus ihren eigenen Freunden und Mitschülern besteht. Elektrische und akustische Gitarrengriffe singen melodisch und werden von dem regelmäßig knallenden Beat des Schlagzeugs untermalt. Dazu singen Inan und Simon englische Texte, zum Beispiel über ihre Begeisterung für Paris. Der Sound erinnert stark an Pete Dohertys Indietracks.
Als der Applaus der etwa fünfzig Zuhörer verhallt ist, erhebt sich die englische Band Autohype von den Barstühlen. Sie legen ihre schwarzen Strickjacken ab und beginnen in knalligbunten Batikhemden und Glitzerjacken wirkliche Partystimmung zu erzeugen. Seb Twigden schmettert Texte wie „Let’s all make love tonight“ auf die elektronischen, poppigen Klänge des Synthesizers. Nicci Robertson, die einzige Frau in der Band, tanzt im glitzernden, kurzen Rock, wie man ihn aus England gewohnt ist, hinter dem Keyboard auf und ab. Sie stöhnt, flüstert und singt immer wieder in ihr Mikro. Das Album „Make Love“ der Indieband ist vor allem eins: tanzbar. Direkt vor der Bühne hat es jetzt auch eine Gruppe Schulmädchen erfasst. Sie schwingen die Hüften und werfen dabei immer mal wieder einen Blick auf die sich abzappelnden Jungs neben ihnen.
Wenn ein Song aufhört, durchbricht Seb die Stille im Konzertsaal durch enthusiastisches, lautes Jubeln oder beweist seine Deutschkenntnisse. Sätze wie „Ich habe einen Hund“ oder „Wo ist der Radiergummi? Unter dem Tisch“ sind zwar nicht überlebenswichtig, aber gerade deshalb besonders amüsant.
Obwohl Autohype in Großbritannien immer in ausverkauften Konzertsälen spielen und Seb nach dem Konzert von „Big crowds in England“ spricht, gehen sie professionell mit der Situation um und lassen sich den Spaß nicht nehmen. Dass an diesem Freitag mehr Potsdamer joggen waren, als im Lindenpark tanzen, könnte an mangelnder Werbung gelegen haben, wohl kaum aber an den bunten, fröhlichen Sounds der Band. Friederike Haiser
Friederike Haiser
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