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Kultur: Da könnt’ ja jeder kommen

Kabarettist Alfred Dorfer lässt bei den Wühlmäusen Lebensstationen Revue passieren

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Er ist schon ein Aas, der Dorfer. Aber ein schlaues Aas. Eins, das das Schlausein so eitel ausstellt, bis man’s richtig blöd findet. Nur um dann festzustellen, dass die nächste selbstgerechte Pointe, der folgende, mit Ganzkörpergesten untermalte Aphorismus dann doch so hinterfotzig wie gut ist. So zu erleben bei den Berliner Wühlmäusen, wo der Kabarettist und Schauspieler gleich mehrere Abende mit seinem Programm „bis jetzt“ gastiert.

Darin lässt Alfred Dorfer, der schönste österreichische Kabarettist, bisherige Stationen seines Lebens Revue passieren. Geboren ist er ja 1961 in Wien, 1968 eingeschult – „und sofort gab es Unruhen in Paris“. Der Rest der Werkschau bleibt dann eher im Metaphorisch-Ungefähren. Wie Alfred Dorfer, der ein böser Sarkast ist, ja den roten Faden seiner Show sowieso nur als lockere Assoziierhilfe nutzt. „Es wird leider etwas ums Denken gehen“, entschuldigt er sich eingangs auf leerer, nur mit einem Stuhl verzierten Bühne beim Publikum. „Und dennoch wird die Politik vorkommen.“ Tiefes Hohoho aus den gut besetzten Reihen. Tagesaktuelle Sottisen spart Dorfer wohlweislich aus. „In Deutschland gilt es doch schon als politisches Kabarett, wenn man auf der Bühne einmal den Namen ,Merkel‘ nennt.“

Da regt er sich lieber über globale Ärgernisse wie Psychotherapeutensprech auf. Wenn der Weg das Ziel sei, fragt er und lauscht dem Satz ein paar effektvolle Sekunden nach, „ist dann das Ziel weg?“ Berechtigte Frage. Genau wie: „Ist das gut oder ist es schlecht? Ist es Yin oder Yang? Oder ist es einfach nur wurscht?“ Das habe man den Chinesen als Europäer voraus. „Wir haben auch noch Wurscht“.

Oder er doziert nach einem schön gehässigen Exkurs über Sprachverwahrlosung in Deutschland über die drei österreichischen Grundgesetze, die da lauten: „Des woa nie so. Des is net so. Do kennt ja jeda kumma.“ Ebenfalls ein Dreiklang der Verweigerung von universeller Gültigkeit. Schön auch die „österreichische Dialektik“. „Jo, na, na jo! These, Antithese, Prothese.“ All das bietet Dorfer, der die Figur des von ihm verulkten Männertyps „Skilehrer aus Tirol“ hat, mit weit mehr Beineinsatz dar, als das Wortakrobaten sonst tun. Ein geistig wie körperlich bewegter Abend. Gunda Bartels

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