Kultur: Das Ausschwärmen der Akademie Große Namen sollen
Kids zur Kunst bringen
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Abends stehen sie beim Bier an einem Kiosk herum, nachts kommt die Zerstörung. Die Leute vom Brandenburger Theater (BT) beklagen seit langem den Vandalismus am schönen Baumpark vor ihrem Haus. Das soll sich nun ändern.
Gemeinsam mit der Berliner Akademie der Künste, bis zum vorigen Jahr in Trägerschaft des Landes, jetzt beim Bund angesiedelt, will das BT die jungen Leute von der Straße holen, um sie mit den großen und schillernden Namen zeitgenössischer Kunst an sich selbst zu interessieren.
Am Donnerstag stellten die Macher ihre Großoffensive wider die geistige Leere einer scheinbar „überflüssigen“ Jugend vor – nicht um der Akademie, sondern ihrer selbst wegen, wie der Komponist Georg Katzer ausdrücklich sagte. Über neun Wochen wollen Schriftsteller, Filmregisseure, Musikschaffende Schauspieler und Bildende Künstler der Akademie in einem opulenten Programm vorrangig mit solchen Kindern und Jugendlichen ins Gespräch kommen, denen eine musische Bildung bisher versagt blieb.
Man reibt sich schon etwas die Augen, wenn deshalb zum Eröffnungskonzert am 26. April Wagners Vorspiel aus „Tristan und Isolde“, Killmayers „Poème symphonique“ von 1981 oder Schenkers „Konstruktion und Dekonstruktion“, von den Brandenburger Symphonikern gespielt, für 14- bis 18-Jährige auf dem Plan steht. Soll es die Moderne richten?
Klangwelten, Kunstwelten, Schreibwelten, Hörwelten, soweit das Auge reicht: Peter Härtling liest (28.4.) aus seinem Roman „Krücke“, Karin Kiwus, Wolfgang Kohlhaase und Katja Lange-Müller präsentieren am 5. Mai „Gedichte für Kinder“ aus 200 Jahren, Klaus Staeck eröffnet am 14. Mai in der Kunsthalle Brennabor seine Plakat-Ausstellung. Für Film und Hörspiel fühlen sich Thomas Heise und Michael Verhoeven verantwortlich. Unter anderem werden „Im Glück (Neger)“, „Die weiße Rose“ und „Das schreckliche Mädchen“ gezeigt, woran sich auch die Kinder- und Jugend-Kunst-Galerie „Sonnensegel“ als Mitveranstalter des Pilot-Projektes beteiligt. Klar, dass die Regisseure an Gesprächen mit ihrem Publikum interessiert sind.
Den zweiten Schwerpunkt bildet eine Fülle von kostenlosen Werkstätten zu allen Genres, angefangen bei der Produktion einer von Schülern selbst gefertigten Komposition über ein Hörspiel, Schreib- und Foto-Experimente bis hin zu Animationsfilm und Malerei, wobei die „Befindlichkeit“ der jungen Leute selbst Ausdruck finden soll. So werden sie beispielsweise mit Oleg Assadulin einen Film über ihre eigene Geschichte „In den Parks der Stadt“ produzieren.
Alles wird, spätestens Ende Juni, in Veranstaltungen und Ausstellungen öffentlich gemacht. Rückendeckung von den zuständigen Schulämtern ist bereits zugesagt, denn erstmals sollen diese Projekte an mehreren Tagen durchgeführt werden. Der Einzugsbereich solcherart „Kunstwelten“ geht weit über Brandenburgs Stadtgrenzen hinaus, er reicht bis in die Mittelmark, auch Potsdamer Schüler können sich bewerben.
Wie die Akademie von einem Parallel-Versuch in Bitterfeld träumt, so BT-Intendant Christian Kneisel von einer Neuauflage vielleicht schon im kommenden Jahr. Man ist überzeugt, mit der ausschwärmenden Akademie, mit glänzenden Namen und interessanten Angeboten, die gewünschte Publikumsgruppe erreichen zu können. Sollte die „Nachfrage“ dennoch hinter den Erwartungen zurückbleiben, so wäre Thomas Heise auch bereit, die Schulen einzeln „abzuklappern“, denn aus einem Berliner Theaterprojekt weiß er, wie sehr sich gerade lernschwache Schüler an eigenen Erfolgen in Sachen Kunst festhalten, falls ihnen sonst nichts im Leben gelingt.
Echte Nachhaltigkeit liegt allen Machern sehr am Herzen. „Sonnensegel“-Galerist Armin Schubert pointierte es mit Blick auf die Zielgruppe so: „Seid willkommen! Wir trauen euch einiges viel zu, aber auch ihr müsst etwas dafür tun“.
Nachfragen und Bewerbungen am BT unter 03381-511 111.
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