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Kultur: Das Gedicht als Flaschenpost

Poesiealbum Nr. 307 von Christiane Schulz

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Ein Poesiealbum ist in diesen Tagen erschienen. Es nahm die Lyrik der Potsdamer Schriftstellerin Christiane Schulz auf. Es ist das Verdienst des Märkischen Verlags Wilhelmshorst, dass er 2007 das Poesiealbum wieder auf den Buchhandelstisch legte. 40 Jahre zuvor wurde die Lyrik-Reihe vom DDR-Verlag Neues Leben erstmals ediert. Es ist mutig, diese Reihe fortzuführen, weil viele Menschen sich nicht mehr die Zeit nehmen, ein Gedicht zu lesen. Gegen die hektische Welt der neuen Medien und der sich überbietenden Bestsellerlisten ist es natürlich schwer, sich mit Lyrik behaupten zu wollen. Außerdem ist mit ihrer Herausgabe kein Geld zu gewinnen. Doch der Märkische Verlag wollte und will die Schwellenangst vor Gedichten nehmen. Darum hat er sich der Wieder-Herausgabe des Poesiealbums angenommen und eine gute Tradition aufleben lassen. Auf rund 30 Seiten kann man Lyrik von Autoren aus unterschiedlichen Epochen lesen.

Gedichte beschäftigen sich zumeist mit der Innenschau des Schriftstellers, aber so manche wollen als Fenster weit offen stehen. Der herausragende Lyriker Paul Celan meinte: „Das Gedicht kann eine Flaschenpost sein, aufgegeben in dem Glauben, sie könnte irgendwo und irgendwann an Land gespült werden, an Herzland vielleicht.“

Die neueste Flaschenpost in Gestalt eines Poesiealbums, es ist in der Gesamtzählung das 307. Heft, hält also eine Auswahl von Gedichten der Potsdamer Autorin Christiane Schulz parat. Die Ingenieurin für Baustoffverfahrenstechnik ist heute im familiären Architekturbüro tätig. Doch ihr Herz hängt an der Lyrik. Mehrere Bücher mit ihren Arbeiten konnte sie bereits veröffentlichen, aus denen nun das Poesiealbum seine Beiträge speist. Zwei Gedichte sind jedoch frisch für das Heft geschrieben worden. Insgesamt findet man 48 lyrische „Erzeugnisse“ von Christiane Schulz. Zumeist benötigt man 30 Sekunden und weniger für das Lesen eines Gedichtes, doch das Nachdenken darüber wird wohl mehr Zeit beanspruchen. Ein oftmals unverwechselbarer Sound von leiser Melancholie klingt in der Lyrik auf. Doch kein „hoher Ton“ ist der Autorin eigen, sondern eine scheinbar schlichte und oftmals minimalistische Sprache. Hans Georg Bulla, ebenfalls Lyriker, besorgte die Auswahl des Schulz-Albums. Er hat unverrätselte Arbeiten der Schriftstellerin zusammengestellt. Rätselhaftes jedoch, das man in ihren Gedichtbänden ebenfalls findet, blieben diesmal weitgehend außen vor.

Im Unterwegssein, Steckenbleiben, in den Erinnerungen, im Verfall, in der Umkehr, im Aufbruch, doch besonders in den diffizilen Naturbeobachtungen findet Christiane Schulz grundsätzliche Spannungen für das Beschreiben und Reflektieren von Welt, die sie vor allem in ihrer Umgebung findet. In ihren Gedichten muss man nach dem Zustand von Harmonie suchen. Man findet eher Anfrage, Zweifel, Sehnsucht. Doch es klingt auch Hoffnung durch, so in „Offenes Wasser“: „Beharrlich das Müdsein. Wo das Eis wächst, wasserseits, löchrig noch, pulst das Leben“. Klaus Büstrin

Poesiealbum 307: Christiane Schulz, Märkischer Verlag Wilhelmshorst, 4 Euro

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