Kultur: Das große Rätselraten
Grimms „Rumpelstilzchen“ als Weihnachtsmärchen auf der Bühne des Hans Otto Theaters
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Klar, jeder im Saal kennt den Spruch „Ach, wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß.“ Die Erwachsenen sowieso. Die Kinder mischen sich mit Begeisterung lauthals in das Geschehen ein, das sich auf der Bühne des Hans Otto Theaters abspielt. Schließlich wollen sie den Namen des geheimnisvollen Männchens preisgeben. Das sorgt für mancherlei Turbulenzen und vor allem Sorgen im Leben von Kathrin und Prinz Alexander. Dabei ist eigentlich der Müller mit Namen Heinrich Egon Klaus Müller, Kathrins Vater, an allem Schuld. Ein richtiger Prahlhans. Behauptet er doch einfach vor dem König, dem Vater Alexanders, dass seine Tochter nicht nur gut kochen würde (was ja nachvollziehbar wäre), sie könne sogar Stroh zu Gold spinnen. Gern würde er nämlich seine Tochter als erste Frau des Landes, als Prinzessin und schließlich als Königin, sehen. Geldgierig wie der König nun mal ist, lässt er Kathrin aufs Schloss bringen. Als Gefangene soll sie nun aus Stroh Gold machen. Schafft sie es nicht, bezahlt sie es mit dem Leben. Auch der Vater soll nicht verschont werden.
Der Gebrüder Grimms beliebt-berühmtes Märchen „Rumpelstilzchen“ steht seit dem gestrigen Donnerstag als traditionelle Aufführung zur Advents-und Weihnachtszeit auf dem Spielplan des Hans Otto Theaters. Die Kinderbuchautorin Marga Steiner-Brühl hat es für die Bühne bearbeitet und sich dabei im Großen und Ganzen an die Grimmsche Vorlage gehalten. Kein neues Märchen wollte sie erzählen. Ihr Interesse galt vor allem der Entwicklung und Ausformung der Charaktere von Müllerstochter Kathrin und des Prinzen Alexander.
Davon schien wohl auch die junge Regisseurin Yvonne Groneberg bei ihrem Potsdamer Debüt angetan zu sein. Ohne übertriebene Kindertümelei erzählt sie auf der großen Bühne des Neuen Theaters das Märchen. Auf ihr kann man schließlich mit allem Drum und Dran die Sinne der jungen Besucher besonders gut ansprechen. Bühnen- und Pyrotechnik, Licht, Ton und Musik müssen dann auch schließlich einiges leisten.
Die Fantasie darf sich in der Inszenierung jedenfalls austoben. Daran haben die Bühnen- und Kostümbildner Elisabeth Vogetseder und Conrad Moritz Reinhardt besonders großen Anteil. Es gelang ihnen, den lebendigen, flotten und teilweise witzigen Szenenablauf optisch noch eins draufzusetzen. Schon wenn sich der rote Vorhang hebt, wird eine märchenhafte Kulisse sichtbar. Eine Mühle mit großem Wasserrad, im Hintergrund sieht man ein romantisch wirkendes Königsschloss.
In der Mühle wohnt die fröhliche Kathrin (Nora Wiel), die durch die Prahlsucht ihres Vaters (Alexander Weichbrodt) in einem goldenen Käfig des Schlosses für den König Stroh zu Gold spinnen soll, was sie aber nicht kann. Dem verzweifelten Mädchen kommt plötzlich ein buntes Männchen (Alexander Weichbrodt) zu Hilfe. Als ob der Zuschauer bei „Sterntaler“ zu Gast wäre, „schneit“ es Gold vom Himmel. Doch dies hat seinen Preis. Das Männchen verlangt das erste Kind der Kathrin.
Inzwischen ist sie die Frau von Alexander geworden. Beide sind der Pubertät entwachsen und haben sich von den Vätern abgenabelt. Verantwortungsvoll kämpfen sie um ihr gemeinsames Kind, dass das bunte Männchen als seinen Besitz betrachtet. Kathrin fleht das Männchen an, ihr das Kind zu lassen. Eine kleine Chance gibt er ihr: Wenn die junge Königin seinen richtigen Namen errät, darf sie ihr Baby behalten. Sie schickt Späher aus, die nach dem Namen forschen, auch ihr Vater muss ran und Alexander ebenfalls. Der würde es sowieso machen, denn schließlich ist er in Kathrin verliebt. Und sein Kind ist sein ein und alles. Seltsame Namen hat man herausgefunden. Das Große Rätselraten beginnt. Aber kein Name stimmt. Rumpelstilzchen tanzt schon siegessicher im dichten Wald ums Feuer und singt: „Ach wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß“. Doch Kathrin und Alexander beobachten das Männchen, hören seinen Namen und natürlich wird alles gut.
Die Darsteller auf der Bühne haben sichtlich Spaß an ihren Rollen, das ist in jedem Augenblick zu spüren. Mit vielen Facetten spielt Nora Weil die Kathrin, vom unbedarften, doch ehrlichen Mädchen bis zur selbstbewussten und kraftvollen jungen Frau. Alexander Weichbrodt, der gleich in zwei Rollen als Müller und Rumpelstilzchen schlüpft, trumpft im wahrsten Sinne des Wortes märchenhaft auf. Lautstarker Beifall kam von allen großen und kleinen Zuschauern.
Was kann man eigentlich als Erwachsener von diesem Märchen lernen, wie könnte seine Moral sein? Vielleicht diese: Wenn dir ein Helfer in der Not für seine Hilfe unbotmäßig zu viel abverlangen will, dann darfst du auch mal dein abgegebenes Versprechen brechen.
Hans Otto Theater Potsdam, Neues Theater, Schiffbauergasse. Weitere Vorstellungen heute 10 Uhr, sowie vom 28. bis 30. November, jeweils 10 Uhr
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