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Kultur: Das System im Gewebe
Am Samstag stellt Silvia Klara Breitwieser in der Neuen Panzerhalle aus
Stand:
Gegen Klischees anzugehen, sie zu durchbrechen, anzukratzen, das versteht Silvia Klara Breitwieser unter ihrer Arbeit. Was die Konzeptkünstlerin Silvia Klara Breitwieser, mit dem Kürzel „SKB“ als Künstlername, entwickelt und in den Raum stellt, nimmt immer Gestalt in einem stets überraschenden Resultat an. Etliche Skulpturen, Objekte, Fotoarbeiten und andere Reminiszenzen an frühere Jahre lagern in einem ehemaligen geräumigen Klassenzimmer der früheren Waldschule Groß Glienicke. Seit vielen Jahren gehört Silvia Klara Breitwieser der Künstlergemeinschaft Neues Atelierhaus Panzerhalle an. Ursprünglich von der Philosophie, Literatur und Psychologie herkommend, wechselte die gebürtige Krefelderin in den 70er Jahren in die Bildende Kunst. Hier verweben sich beide Seiten ihres Naturells – die intellektuelle und die gestalterische – in einem unerschöpflich kreativen Prozess.
Unmittelbar vor Vollendung ihres sechsten Lebensjahrzehnts schaut die agile „Löwin“ unter ihrer aufmüpfigen Mähne mit einer Mischung aus ungebrochener Neugier und leiser Wehmut auf die sich immer schneller verändernde Welt. Stress und „Hetzkrankheit“, Beziehungslosigkeit und Beziehungsarmut im Zeitalter globaler Vernetzung ließen in ihr neue Konzepte reifen. Zu Beginn dieses Jahres entpuppte sich der Plan, etwas zum Thema „Web-Werk/ Web(b)-Werk“ zu machen, zu einem stetig wachsenden Projekt.
Und weil Anspruch und Reichweite des Unterfangens, das am Samstag in eine große Werkstattausstellung mündet, bedeutend umfassender waren als ein herkömmliches Projekt, taufte SKB das Ganze „Trajekt“. Eine Wortverbindung aus der Lateinischen Vorsilbe Trans und dem Wort Projekt. Dabei zielt sie auf den Mitmachcharakter des Unterfangens an, auf die Aktion und den Austausch zwischen Menschen. Ein Wortspiel, das mit der Vorstellung von unterschiedlichstem Gewebe einerseits und der digitalen Vernetzung durch das Internet andererseits kokettiert.
Um die 100 Personen, viele von ihnen Vertreter der Künste, der Philosophie, der Natur- und Geisteswissenschaften, aber auch der Ökonomie, sind eingeladen, verbal, bildnerisch oder nach eigenem Gusto eine eigene unverwechselbare „Gewebe-Botschaft“ einzureichen. In den Wortbeiträgen weckt das Reizwort Gewebe beispielsweise Assoziationen an weit zurückreichende Erfahrungen und Erlebnisse mit selbst geknüpften Geweben. Diese und andere Beiträge werden in den Flur-Galerien des Neuen Atelierhaus Panzerhalle aufeinandertreffen.
Die Begegnung der sich beteiligenden „Zeitzeugen von 1939 bis 2009“ bildet den Kern der Veranstaltung. Daneben wird es Lesungen geben, unter anderem zum Thema „Arabisch als Gewebe“ mit einer Kostprobe aus dem Koran. Bis die Ausstellung steht, haben die Künstlerin und ihr Kuratorinnenteam alle Hände voll zu tun. Für SKB ist klar: dies alles ist ein Prozess. Die einzelnen Stationen und Etappen auf dem Weg zum Web/Web(b)-Event hat sie, wo es nur ging, festgehalten und protokolliert. Vorläufig ist noch alles im Fluss. Dafür spricht auch der geplante Werkstattcharakter der Ausstellung.
Die Gastgeberin gewährt an diesem Abend mit der Ausstellung eigener Arbeiten aus den 70er Jahren auch einen Rückblick auf die Anfänge ihrer künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Gewebe-Thema. Von dessen Gestaltungspotenzial ist sie immer wieder fasziniert. Es verkörpert die Chance von gleichberechtigter Gemeinschaft und Zusammenhalt. Wo Gewebe ist, findet Vereinzelung nicht statt. Wenn man den Faden weiter spinnt, ist sie angekommen: Silvia Klara Breitwiesers Botschaft, wenn nicht Philosophie. Almut Andreae
Die Vernissage beginnt am Samstag, 25. Juli, um 18 Uhr, im neuen Atelierhaus Panzerhalle, Seeburger Chaussee 2, Haus 5, in der Waldsiedlung, Groß Glienicke
Almut Andreae
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