Kultur: Das zu lesende Wort
Die Kanzel der Nikolaikirche wurde wieder mit Bibelwort aus Bronzebuchstaben geschmückt
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Die Kanzel der Nikolaikirche wurde wieder mit Bibelwort aus Bronzebuchstaben geschmückt Von Klaus Büstrin Ursula Treichel ist ein engagiertes Gemeindeglied der Nikolaikirche. Sie hat sich besonders mit der Geschichte, vor allem mit der Architektur des Innenraums und ihrer Bildgestaltung, für die auch Karl Friedrich Schinkel zeichnete, auseinandergesetzt. Vieles ist davon bei der Zerstörung der wichtigen Stadtkirche auf dem Alten Markt Ende des Zweiten Weltkrieges verloren gegangen und nicht wieder hergestellt worden. Aber die großen Propheten des Alten Testaments, Jesaja, Jeremia, Hesekiel und Daniel, sind in sehr eindrucksvollen Gemälden in den Gewölbebögen der Kuppel auf Goldgrund zu erleben. Die ausführenden Künstler gehörten zum Umkreis des bedeutenden Malers der Romantik, Peter von Cornelius. Auch die Apsis ist bis heute leider nur bis zur Hälfte ausgemalt. Bis 1945 konnte man im oberen Teil Christus auf dem Himmelsthron, umgeben von Engeln, sehen. Die mittlere Apsisreihe mit den vier Evangelisten und die untere mit den zwölf Aposteln sind erhalten und restauriert. Ob und wann die Apsis ihr gesamtes Bildprogramm wieder erhält, ist ungewiss. Es ist vor allem eine Frage der Finanzen. Das weiß auch Dr. Ursula Treichel. Doch sie hat sich auch einem anderen Teil der Bildverkündigung des Raumes angenommen, einem Programm, das in seiner Ausführung bei der Wiederherstellung schneller zu bewältigen ist. Der Innenraum der Kirche wurde von seinen Erbauern mit Schriftbändern geschmückt. Leider hat man diese beim Wiederaufbau in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts vom Restaurierungsprogramm gestrichen. Oder war es nicht mehr zeitgemäß? Denn in den meisten Kirchen Schinkels, Persius“ oder Stülers, so in Bornstedt, fielen die Schriftzüge bei Restaurierungen weg. Über der Apsis von St. Nikolai konnte die Gemeinde bis 1945 noch lesen: „Also hat Gott die Welt geliebet, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden ...“ (Johannesevangelium, Kap. 3) Ursula Treichel begeisterte zunächst eine Gruppe der Nikolaikirchengemeinde an der Wiederherstellung der Bibelzitate mitzuwirken, und zwar den Seniorenkreis.Die Kanzel sollte wieder den einladenden Text aus dem Lukas-Evangelium erhalten. „Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren“. Man sammelte fleißig für die Bronzebeuchstaben Geld. Als die Summe bereitlag, bestellte man den Schriftzug bei der Berliner Firma Bronzen-Gunkel. Deren Chefin war so begeistert von dem Engagement des Seniorenkreises, so dass sie beschloss, die Bronzebuchstaben zu sponsern. Im gestrigen Gottesdienst konnten die Kanzel-Schriftzüge unterhalb des Bildreliefs (Bergpredigt) enthüllt werden. Pfarrerin Susanne Weichenhan sagte in ihrer Predigt, dass man mit dem Wort der Seligpreisungen, die an der Außenwand der Nikolaikirche stehen, in das Gotteshaus geht. „Man gelangt zum innersten Kern der Botschaft, zum Quellpunkt: Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Hier ist die geistliche Nahrung des Wortes und des Sakraments. Von hier aus kann man gestärkt wieder nach draußen gehen.“
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