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Kultur: „Dass ein deutscher Chor Hebräisch singt, hat mich sehr bewegt“

Der Neue Kammerchor Potsdam befindet sich auf einer zweiwöchigen Konzertreise in Israel

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Der Neue Kammerchor Potsdam befindet sich auf einer zweiwöchigen Konzertreise in Israel Von Eik Doedtmann Die „Klagelieder Jeremias“ von Thomas Tallis und Motetten Johannes Brahms machten den Anfang. Der Neue Kammerchor Potsdam unter der Leitung von Ud Joffe eröffnete das 28. Festival für Vokalmusik im israelischen Abu Gosch. Der erste Auftritt des Klangkörpers in Israel war geprägt vom warmen Empfang der Gastgeber, begeisterten Reaktionen der Konzertgäste und starken Eindrücken für den Chor auf seiner insgesamt zweiwöchigen Tournee. In einem kleinen Tal, unmittelbar neben der Autobahn Tel-Aviv-Jerusalem gelegen, erstreckt sich das 2000-Seelen-Dorf Abu Gosch. Seine Einwohner sind Muslime. Vom östlichen Hang aus überblickt die „Kreuzfahrerkirche“ das Tal. Vor mehr als 850 Jahren errichteten die Kreuzfahrer den romanischen Bau im Glauben, dass sich hier das biblische Emmaus befand. Bruder Olivier lebt seit 29 Jahren als einer von zehn Mönchen im heutigen Benediktinerkloster. Er betont den symbolischen Wert der Veranstaltung: „Jedes Jahr erklingt hier, in einem arabischen Dorf, christlich-liturgische Musik für ein jüdisches Publikum.“ Über 10000 Besucher strömen jeden Oktober zum einwöchigen Vokalmusik-Festival in Abu Gosch. Das Publikum, meist europäische Juden und deren Nachkommen, versteht klassische Musik als Teil seines kulturellen Erbes. Noam Goffer aus Tel-Aviv liebt die Atmosphäre und Akustik des Ortes. Er freut sich auf den deutschen Chor und dessen israelischen Dirigenten. Aviva Cohen vom Kibbutz Givat Brenner, kommt jedes Jahr. Sie mag Konzerte in Kirchen, besonders Chöre. Sie, selbst in Deutschland aufgewachsen, wolle unbedingt die Potsdamer hören. An die 300 Gäste finden sich auf den Bänken und Stühlen der Kreuzfahrerkirche ein. Die Inneneinrichtung ist schlicht. Ein kleiner Teil der mittelalterlichen Fresken ist restauriert. Der Kammerchor intoniert ein von Ud Joffe arrangiertes Wechselspiel mit Gesängen des englischen Renaissance-Komponisten Thomas Tallis und des deutschen Romantikers Johannes Brahms. Jerusalems Zerstörung und Auferstehung bilden das Thema dieses kontrastreichen Programmes. Zwischen den Stücken dringen die Rufe des Muezzins ins Kirchengewölbe. Die israelischen Zuhörer sind bezaubert von der Darbietung, applaudieren immer wieder begeistert in den Pausen. Als Zugabe stimmt der Chor „Jerusalem aus Gold“ auf Hebräisch an und erntet strahlende Gesichter. Noam Goffer nach dem Konzert: „Ich war skeptisch wegen der Verbindung von Tallis und Brahms. Aber es war fantastisch! Und dass ein deutscher Chor Hebräisch singt, hat mich am tiefsten bewegt!“ Ud Joffe sagte nach dem Auftritt: „Es geht mir schon sehr nahe, mit dem Chor in meiner Heimat zu sein. Ich glaube, die Zuhörer haben uns verstanden. Musik kann Brücken bauen. Meine Sänger lernen auf dieser Tournee auch viel über Israel." Chormitglied Katharina Klucke: „Wir haben ein hartes Programm. Tagsüber zeigt uns Ud das Land - wir wanderten im Golan, schwammen im Toten Meer - und abends Singen. Die Reaktionen des Publikums sind toll. Israel ist ein wirklich faszinierendes Land."

Eik Doedtmann

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