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Kultur: Denkzeichen

Kinder und Jugendliche bearbeiten Fragen zur deutsch-jüdischen Geschichte

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Ein überlebensgroßer menschlicher Kopf aus Beton steht am Eingang zur Ausstellung. Mit beiden Händen hält er sich die Ohren zu. Er gehört zu einer dreiteiligen Figurengruppe, die Jugendliche aus Falkensee bereits 1994 geschaffen und am Außenlager des ehemaligen Konzentrationslagers (KZ) Sachsenhausen aufgestellt haben. Im gleichen Jahr begann im städtischen soziokulturellen Freizeitzentrum „Haus am Anger“ der alljährliche Jugendaustausch mit Israel. Seit dieser Zeit werden mit Kindern und Jugendlichen vorrangig mit künstlerischen Mitteln Fragen zur deutsch-jüdischen Geschichte bearbeitet, wird der Völkermord an den Juden thematisiert und das Verhältnis der Weltreligionen zueinander gestaltet.

Seit vergangenem Donnerstag kann man einige Ergebnisse dieser engagierten und kreativen Auseinandersetzung in der Ausstellung „Denkzeichen“ in den Räumen des Landesjugendringes Brandenburg in der Breiten Straße in Potsdam betrachten.

Außer den Betonköpfen am Außenlager des KZ entstand 2003 eine weitere Figurengruppe. Drei ausdrucksstarke Gipsplastiken, die im Gegensatz zu den ersten Figuren „Schreien“, „Entsetztes Starren“ und „Lauschen“ symbolisieren. Auch sie ein unübersehbares „Denkzeichen“, das allerdings bereits zwei Jahre später mutwillig von Unbekannten zerstört und dann von katholischen Jugendlichen, die im „Haus am Anger“ kurze Zeit zu Gast waren, wieder instand gesetzt wurde.

Diese Aktion beschreibt auch geradezu beispielhaft die politische und künstlerische Herangehensweise, die der Bildhauer Ingo Wellmann als Leiter des Kreativen Zentrums gemeinsam mit seinen Kollegen praktiziert. So kamen Anfragen von Schulen aus Falkensee, um sich mit der Geschichte ihrer Namensgeber mit Mitteln der Kunst auseinander zu setzen. Sechstklässler gestalteten daraufhin imposante Säulen, die an das Schicksal der Geschwister Sophie und Hans Scholl erinnern und Kinder aus 4. Klassen setzten sich mit Hilfe ihrer Eltern mit Lessings Ringparabel auseinander. Drei reichverzierte Holzsäulen, die die monotheistischen Religionen symbolisieren, schmücken seit dem 100-jährigen Jubiläum ihrer Schule nun den Pausenhof und regen auch die anderen Schüler nahezu beiläufig zum Begreifen und Nachdenken an.

Aber nicht nur aus der Beschäftigung mit der Vergangenheit speist sich die kreative Auseinandersetzung der Falkenseer Freizeiteinrichtung. Um das Wissen über andere Kulturen und Religionen, das, wie die Integrationsbeauftragte des Landes, Karin Weiss, zur Ausstellungseröffnung betonte, in Brandenburg nicht nachhaltig ausgeprägt ist, zu erweitern, wurden beispielsweise überaus dekorative Seidenfahnen gestaltet, die den Sabbat zum Thema hatten und sich mit dessen Symbolik befassten. Denn nur die Beschäftigung mit anderen Kulturen und Religionen ermögliche die Auseinandersetzung mit ihnen, die dann wiederum die vielgerühmte preußische Tugend der Toleranz möglich mache.

Im „Haus am Anger“ wird dies seit mehr als 15 Jahren mit außerordentlichem Engagement gelebt und die sehr sehenswerte Potsdamer Ausstellung kann anderen Akteuren der Kinder- und Jugendarbeit wertvolle Anregungen und Impulse vermitteln.

Astrid Priebs-Tröger

Ausstellung bis Ende des Jahres, geöffnet Montag bis Freitag von 8 bis 17 Uhr, in den Räumen des Landesjugendringes Brandenburg, Breite Straße 7a, 2. Etage

Astrid Priebs-Tröger

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