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Noaz Deshe.

© Manfred Thomas

Kultur: Der Abgrund des Aberglaubens „White Shadow“ beim Filmfest Potsdam

Albinos, die in Ostafrika geboren werden, leben noch immer ein gefährliches Leben. Gerade in den ländlichen Gebieten besteht nach wie vor der Glaube, dass sie aufgrund ihrer weißen Hautfarbe magische Kräfte besitzen würden.

Von Sarah Kugler

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Albinos, die in Ostafrika geboren werden, leben noch immer ein gefährliches Leben. Gerade in den ländlichen Gebieten besteht nach wie vor der Glaube, dass sie aufgrund ihrer weißen Hautfarbe magische Kräfte besitzen würden. Bis heute benutzen Medizinmänner ihre Körperteile, um Zaubertränke herzustellen, die angebliche Superkräfte verleihen, heilende Wirkung haben oder Glück bringen sollen. Da die sogenannten Hexenmeister mehrere Tausend Dollar für die Körperteile bezahlen, machen organisierte Banden gezielt Jagd auf Menschen, die von der Pigmentstörung betroffen sind, töten und verstümmeln sie – Letzteres auch oft bei lebendigem Leib. In seinem Film „White Shadow“ nimmt sich Regisseur Noaz Deshe diesem grausamen Thema an. Auf der „Venice International Film Critics’ Week“ 2013 gewann er bereits den „Lion oft the future“. Am vergangenen Donnerstag wurde „White Shadow“ nun auf dem 1. Internationalen Filmfest Potsdam in Anwesenheit des Regisseurs gezeigt.

Alias (Hamisi Bazili) ist ein Albino-Junge, der in einem kleinen ostafrikanischen Dorf wohnt. Nachdem er den grausamen Mord seines Vaters miterleben musste, schickt ihn seine Mutter zu seinem Onkel Kosmos (James Gayo) in die Stadt. Dort verkauft er Sonnenbrillen, DVDs und Handys und erlebt seine erste Romanze mit Kosmos’ Tochter Antoinette (Glory Mbayuwayu). Doch auch sein Onkel, der selber finanzielle Probleme hat, kann ihn nicht beschützen und somit vertraut er sich einer Familie an, die viele Albino-Kinder aufgenommen hat. Doch die Jäger sind überall: Einer grausamen Abschlachtung kann Alias gerade so entkommen und seine Flucht geht immer weiter.

„White Shadow“ ist ein intensiver, ein unangenehmer Film, der seinem Publikum den Blick auf eine fremde, bizarre Welt ermöglicht, die man eigentlich nicht als Realität wahrnehmen möchte, so grausam ist diese Geschichte, die in diesem Film erzählt wird. Und Deshe beschönigt dabei nichts: Seine Aufnahmen sind hektisch und schnell. Keine perfekte Ausleuchtung, keine Kunstkulisse, kein Weichzeichner. „Die Kamera hat sich immer absolut der Geschichte von Alias angepasst“, so der Regisseur am Donnerstag. „Sie reagiert auf seine Gefühle, seine Bewegungen.“ Fast entsteht dabei der Eindruck einer Dokumentation statt eines Spielfilms, was Deshe aber strikt von sich weist. „Alles, was man sieht, ist mehrmals geprobt und dann gedreht worden“, sagte er. „Die Darsteller sind alle gecastet und wussten natürlich über das Thema des Films Bescheid.“ Gedreht wurde in zwei Dörfern, deren Gemeinschaft das Filmprojekt absolut unterstützt habe, was sehr wichtig für den Entstehungsprozess gewesen sei. „Wir haben quasi auf der Straße gecastet“, so der Regisseur. „Die Darsteller spielen fast alle sehr nahe an ihrer Realität.“ Das habe auch dazu geführt, dass Deshe seine Arbeit immer wieder hinterfragte. „Ich habe sehr viel recherchiert, sehr lange“, sagte er, „und immer wieder Absprache gehalten, ob das so oder so realistisch ist.“

Die intensive Auseinandersetzung des Regisseurs mit dem Thema und auch den Leuten vor Ort, führt schließlich dazu, dass „White Shadow“ – der komplett in Suaheli gedreht wurde – ein Film geworden ist, dem man sich nicht entziehen kann. So sehr man sich beim Zuschauen auch wünscht, den Blick abwenden zu können, so sehr krallt sich der Überlebenskampf von Alias im eigenen Kopf fest und bleibt noch lange dort haften, um einen immer und immer wieder wachzurütteln. Sarah Kugler

„White Shadow“ läuft noch einmal am morgigen Sonntag um 16 Uhr im Thalia-Kino in der Rudolf-Breitscheid-Straße 50 und am 31. Oktober in den Hackeschen Höfen in Berlin in Anwesenheit des Regisseurs. Weitere Informationen zum Programm unter www.filmfestpotsdam.de.

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