Kultur: Der andere Blick
Libanesische Filmtage in Potsdam eröffnet
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Es geht nicht nur um Bilder vom Krieg, wie Bärbel Dalichow, Leiterin des Filmmuseums Potsdam, am Donnerstagabend zur Eröffnung der Libanesischen Filmtage sagte. Doch werden bis morgen Abend, wenn um 22 Uhr mit „Out of life“ der letzte Film des dreitägigen Festivals beginnt, auch sehr viele Bilder vom Krieg zu sehen sein. Doch auch diese Bilder werden persönliche sein, Gegenbilder zu denen, die wir aus den Fernsehnachrichten kennen. Eine Annäherung aus verschiedenen Richtungen an Libanon, das Bärbel Dalichow ein „wunderschönes und sehr geschundenes Land“ nannte.
Regisseur Volker Schlöndorff und Berlinale-Chef Dieter Kosslick waren zur Eröffnung gekommen. Auch der libanesische Kulturminister Omar Halablab und der Verantwortliche für Film, Theater und Ausstellungen, Ghassan Abou Chacra, und einige der Filmemacher. Eine Eröffnung, wo neben den offiziellen Worten, in denen es darum ging, mit Hilfe der libanesischen Filmtage das „wahre Gesicht des Landes“ zu zeigen, vor allem die persönlichen bewegten. Volker Schlöndorff, der 1980 für Dreharbeiten für „Die Fälschung“ in Beirut weilte, erzählte von den Kindern, die in Ruinen hausten. Seit Anfang der 70er Jahre befand sich das Land im Krieg. Und welche Spuren dieser bei den Kindern hinterlassen hatte, erfuhr Schlöndorff an einem Drehtag am Strand.
In Italien hatte er für eine Szene von einer Firma für Spezialeffekte Leichen aus Plastik herstellen lassen. Und während Schauspieler Bruno Ganz am Strand von Beirut vor dem Haufen mit den Plastikleichen steht, kommen ein paar der Kinder, die Schlöndorff kennengelernt hatte. Die Leichen aus Plastik seien doch der letzte Dreck, sagten sie zum ihm, so Schlöndorff. Dann öffneten sie einen mitgebrachte Plane und meinten, das sei wenigstens echt. Schlöndorff sah Leichenteile. „Auf manchen Schädeln war sogar noch die Haut zu erkennen.“
Auch die Worte von Jürgen Hogrefe waren von Erinnerungen an den Krieg geprägt. Hogrefe, der von 1994 bis 1998 Nahostkorrespondent des „Spiegel“ in Jerusalem war, besuchte in dieser Zeit mehrmals den Libanon. Begleitet wurde er bei diesen Reisen immer von einem Einheimischen, der den Kontakt zu den Leuten vor Ort herstellte und alle sonstigen organisatorischen Aufgaben übernahm. Dass Hogrefe zu diesem Mann freundschaftliche Gefühle entwickelt hatte, zeigte sich, als er von dem Tag erzählte, an dem sein damaliger Begleiter durch eine israelische Panzerrakete starb. Hogrefe weilte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Nahen Osten. Und er hatte geglaubt, jetzt ohne Problem darüber sprechen zu können. Doch als er von diesem Tod sprach, brach ihm die Stimme weg. Die Bilder vom Krieg werden bei diesen Filmtagen wohl doch die prägendsten sein. Dirk Becker
Weitere Informationen zum Programm unter www.filmmuseum-potsdam.de
Dirk Becker
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