Kultur: Der erste Bambi ging an Kurt Maetzig Trotz kalten Krieges bekam DEFA-Mann die Trophäe
Der erste Bambi, der in der deutschen Filmgeschichte verliehen wurde, ging in den Osten. DEFA-Regisseur Kurt Maetzig bekam ihn 1948 für sein Drama „Ehe im Schatten“.
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Der erste Bambi, der in der deutschen Filmgeschichte verliehen wurde, ging in den Osten. DEFA-Regisseur Kurt Maetzig bekam ihn 1948 für sein Drama „Ehe im Schatten“. Jahrzehntelang war es in Vergessenheit geraten, dass der Mitbegründer der DEFA den damaligen westdeutschen Kritikerpreis erhielt. Das wird sich jetzt vielleicht ändern, wenn Deutschlands inzwischen wichtigster Medienpreis am 26. November in Babelsberg verliehen wird. Dann sitzt sicher auch der 98-jährige Kurt Maetzig in den Reihen der Marlene-Dietrich-Halle, dort, wo er viele Jahre Regie führte.
Ihm selbst wurde das kleine Reh, das damals noch aus weißem Porzellan bestand, vor 60 Jahren ganz im privaten Rahmen in Potsdam übergeben. Es überlebte jedoch nicht lange: Seine Kinder ließen das zarte Geschöpf beim Spielen fallen. Für Maetzig blieb das „Kitz“ dennoch ein denkwürdiges Erinnerungsstück: Denn obwohl schon der kalte Krieg tobte, kam man an „Ehe im Schatten“ nicht vorbei, dem ersten deutschen Film, der die Nazipolitik gegenüber den Juden thematisierte. „Für fortschrittlich eingestellte Kritiker war der Film ein Beispiel, wie mit Geschichte umgegangen werden kann. Darüber hinweg zu sehen, wäre schlecht möglich gewesen, auch wenn er aus dem unliebsamen Osten kam“, sagte der Regisseur.
„Ehe im Schatten“ glänzte mit den höchsten Zuschauerzahlen, den ein DEFA-Film je erreichte. Über zehn Millionen Besucher sahen ihn innerhalb kürzester Zeit, „und das in einem kleinen Ländle mit nur 16 Millionen Einwohnern“. Es war der einzige DEFA-Film, der in allen vier Berliner Sektoren gleichzeitig Premiere hatte. „Ehe im Schatten“ basiert auf dem Schicksal des Schauspielers Joachim Gottschalk, der gemeinsam mit seiner jüdischen Frau Meta, die Berufsverbot hatte, und seinem Sohn, Selbstmord beging. Beigesetzt wurden sie auf dem Stahnsdorfer Friedhof.
Auf die Bambi-Spur von Kurt Maetzig kam im vergangenen Jahr die „Super Illu“. Sie brachte offensichtlich auch die Bambi-Verleiher zum Nachdenken. Jedenfalls traf inzwischen ein neues, unversehrtes Rehkitz bei Kurt Maetzig ein. Eine Delegation aus Stuttgart brachte ihm die Trophäe: nicht goldglänzend, wie sie heute verliehen wird, sondern wieder eine aus weißem Porzellan, extra in Handarbeit für Maetzig gefertigt. „Wenn die Großzügigkeit von 1948, als man einem Ostler einen Westpreis zusprach, heute erneut möglich ist und die Bambi-Verleihung in Babelsberg in diesem Geist stattfindet, fügt sich für mich vieles zusammen.“ Auch deshalb möchte Kurt Maetzig gern bei diesem Ereignis an alter Wirkungsstätte dabei sein. „Ich bin ja schließlich noch nicht einmal 100.“ Heidi Jäger
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