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Kultur: Der Farbe auf der Spur

In der Ausstellung „colour and paint“ im Kunsthaus Potsdam gibt die Farbe den Ton an

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Was macht ein Bild zum Bild? Wo liegen die Grenzen zwischen Bild, Farbstück und materiellem Körper? Die aktuelle Ausstellung im Kunsthaus Potsdam hat dem Motto „colour and paint“ noch einen deutschen Untertitel hinzugefügt: „Sensation Farbe!“. Das englische Begriffspaar „colour and paint“ spricht die Komplexität des Themas direkt an. Im Deutschen braucht es Umschreibungen, wenn man zum einen auf die Wirkung der Farbe und zum anderen auf deren Materialität zu sprechen kommt. Die Ausstellung zielt auf Gegenüberstellung und Vergleich. Fünf Positionen aktueller, nicht-gegenständlicher Malerei treffen aufeinander. Hinzu kommt, als gemeinsamer Bezugs- und Referenzpunkt, ein kleinformatiges Bild des im vergangenen Jahr verstorbenen Bochumer Künstlers Kuno Gonschior. Anerkannt und geschätzt als Forscher der Farbe gab er seine Farbmalerei auch als Professor für freie Malerei an der Berliner Hochschule der Künste weiter. Zwei Mitwirkende der Ausstellung im Kunsthaus, Susanne Jung und Frank Piasta, haben bei Gonschior studiert.

Das Konzept für die Ausstellung entwickelten die fünf nach Potsdam eingeladenen Künstler gemeinsam. Der Kunstsammler Siegfried Grauwinkel, selbst Mitglied des Kunstvereins, hatte den Anstoß zu dem Unternehmen gegeben und es dann auch möglich gemacht. Das kleine Bild in Gelb auf schwarzem Grund von Kuno Gonschior, das der Sammler in die Ausstellung entlieh, ist bei der Hängung der Exponate indes leicht ins optische Abseits gerückt. Das eigentliche Geschehen spielt sich dann doch im zentralen Ausstellungsraum ab. „Der Versuch war, die Positionen klar zu formulieren“, erläutert die Berliner Künstlerin Anita Stöhr Weber den Anspruch und Prozess des Ausstellungsaufbaus. Nicht weniger ausschlaggebend für die Gesamtwirkung war es, die Beziehungen zwischen den künstlerischen Positionen räumlich so zu knüpfen, dass die Arbeiten wechselseitig voneinander profitieren.

„Eisenoxidschwarz“ ist das Farbstück von Anita Stöhr Weber. Es besteht aus reinem Pigment und wurde durch Einsatz eines Binders vom ursprünglichen Bildträger aus Holz vollständig abgelöst. „Die Farbstücke verweisen auf das, was nicht da ist“, so die Künstlerin über das fragile Exponat. Es hängt neben einem blütenweißen Siebdruck auf Bütten, der seinerseits keck in das große Viereck eines pinkfarbenen Anstrichs hineinragt. Dieses „Ensemble mit Stieglitz“ wird durch einen Offsetdruck in kräftigen Farben mit Stieglitz-Motiv komplettiert.

Ebenfalls einen Wandanstrich hat Elisabeth Sonneck in ihre Arbeit mit dem Titel „Gelöschtes Grün für Bild + Spalt“ integriert. In hauchdünner Lasurmalerei trug sie ihn auf das ihr zugewiesene Wandsegment auf. Die Malerei auf Wand wird zum Rahmen für ein Tafelbild in Öl auf Leinwand. Mit einem quastenartigen Pinsel hat die Künstlerin breite Bahnen über die Leinwand geführt. „Ich muss den Rhythmus in meinen Bildern finden“, sagt sie vor ihrer Komposition.

Wie auch in anderen Bildern dieser Ausstellung wird hier spürbar, in welcher Weise Farbe interagieren kann. Farbe ist stets auf Beziehungen aus. Das gilt in gleicher Weise für die Farbwerte innerhalb eines Bildes als auch für die Wirkung, die im Dialog der Bilder miteinander frei wird.

Das Austarieren feiner Farbvaleurs spielt in der Malerei von Susanne Jung eine ganz wesentliche Rolle. In ihrer Farbfeldmalerei auf monochromen Hintergrund geht es um Fragen des inneren Gleichgewichts genauso wie um das Halten einer Spannung in Bezug auf die gesamte Bildkomposition. Der Weg, im Bild einen Zustand schwebender Balance zu erreichen hat, wie Susanne Jung es ausdrückt, auch eine Menge „mit der Erfahrung des Sehens zu tun“.

Einen gänzlich anderen Sog erzeugen die Bilder von Frank Piasta. Seine Bilder hat er mit Silikon auf Spiegel gemalt. Der besondere Effekt der durchscheinenden Masse kommt durch die Beimischung von Pigment in die Silikonmasse besonders zur Wirkung. In der silikonbedeckten Spiegelfläche reflektiert sich der Raum und bricht sich schimmernd das Licht. An dieser Stelle schließt sich der Kreis zur Malerei von Christiane Conrad. Die Berliner Künstlerin steht in der Ausstellung für die Position monochromer Malerei. Die beiden großformatigen Leinwände „Raps“ und „Januarblau“, die unabhängig voneinander entstanden, sind hier zu einem Paar vereint. Pastos wurde die Ölfarbe mit dem Spachtel in mehreren Lagen über die Leinwand gestrichen. Dabei bilden sich an der Oberfläche der Malhaut Kanten und Grate. Sie verleihen der monochromen Bildfläche eine reliefartige, fast grafisch anmutende Struktur. In ihr fängt und bricht sich das Licht. Farbe als Sensation ist – auch dies eine elementare Wahrnehmung in der Ausstellung – immer gebunden an die Qualität des Lichts. Almut Andreae

Bis zum 20. März, mittwochs, 11-18 Uhr, donnerstags und freitags, 15-18 Uhr, samstags und sonntags, 12-17 Uhr, im Kunsthaus Potsdam, Ulanenweg 9 (Zufahrt Jägerallee)

Almut Andreae

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