
© Andreas Klaer;
Kultur: Der frische Blick nach außen
Mit dem Pavillon auf der Freundschaftsinsel eröffnen sich dem Brandenburgischen Kunstverein neue Perspektiven
Stand:
Aus der Fruchtfigur von John Miller streckt sich dem Betrachter im Pavillon auf der Freundschaftsinsel eine Hand entgegen. Äpfel, Birnen, Kirschen, alle Sorten von frisch leuchtenden Früchten bedecken die ungefähr mannsgroße Skulptur. Die ausgestreckte Hand korrespondiert mit übergroßen Streichhölzern, die teilweise geknickt ebenfalls im gläsernen Pavillon stehen. Die beiden Figuren berühren sich nicht, erscheinen aber doch wie aufeinander bezogen. „Freundschaft“ ist der naheliegende Titel der ersten Ausstellung des Brandenburgischen Kunstvereins Potsdam e.V. (BKV) in dem gläsernen Pavillon auf der Freundschaftsinsel.
„Wir wollen auch deutlich machen, dass es ein freundschaftliches Zusammenspiel mit dem Verein geben wird, der bisher den Pavillon organisiert hat“, erklärt Gerrit Gohlke vom BKV. Nachdem Ende des vergangenen Jahres klar war, dass der Verein seine bisherigen Räume im Luisenforum verlassen musste, war zunächst nicht sicher , wie es weitergehen würde. Die neuen Eigentümer der versteigerten und jetzt leer stehenden Räume hatten den BKV mit einer Mietforderung konfrontiert, die den finanziellen Rahmen sprengte. Deshalb begann die Suche nach neuen Räumen.
Als der Pavillon auf der Freundschaftsinsel ins Blickfeld rückte, musste der Vereinsvorstand erst einen Moment lang überlegen, denn der Unterschied zum großzügigen Luisenforum ist doch recht groß. Boten dort hohe, weiße Wände ideale Möglichkeiten, auch große Tafelbilder angemessen zu präsentieren, so ist der Pavillon das genaue Gegenteil davon. Ringsum Glasfenster und in den Raum hinein gebaut genau eine weiße Wand. Der Blick hinaus geht auf eine malerische Teichanlage und die nicht minder schönen Gärten der Freundschaftsinsel.
Hier Malerei in gleicher Weise angemessen zu präsentieren wie in den vormaligen Räumlichkeiten wäre schwierig. Daher trifft es sich gut, dass der Verein gleich mit der ersten Ausstellung deutlich macht, dass er neue Wege gehen möchte. Das versammelte Ensemble aus Skulpturen, Fotos, Videopräsentation, Wandmalerei und dann doch abstraktem Tafelbild zeigt im Überblick, welche Möglichkeiten der Raum eröffnet. Zudem bezieht die Ausstellung entsprechend dem Titel auch freundschaftlich die Geschichte des Raumes mit ein. In Glasvitrinen sind Fotos aus dem Archiv des Vereins der Freunde der Freundschaftsinsel zu sehen, die vergangene Ausstellungen zeigen, florale Arrangements, Keramik von Hedwig Bollhagen, eine Szene aus einem Umkleideraum.
1972/1973 entstand der Glaspavillon anlässlich der zehnten Weltfestspiele der Jugend und Studenten. Nun soll er nach Wunsch des BKV zu einer Schnittstelle zwischen Geschichte und Gegenwart werden. Wie eine solche Schnittstelle mutet auch das Video von Olav Westphalen an. Bei einem Performance Workshop ermutigte er die Teilnehmer zunächst sich zu verkleiden und dann in hippieesker Manier einander zu berühren und herumzuknuddeln. Das etwas aus der Zeit gefallene Berührungsritual mit Flower Power Flair erlebte kürzlich eine Reanimation als Kontaktimprovisation und Sehnsuchtshandlung gestresster Großstädter.
Während das Video die Bereitschaft erfordert, sich wenigstens zehn Minuten auf die Dokumentation einzulassen, sind die Skulpturen auch von außen auf einen Blick einsehbar und verständlich. „Hier kommen ja auch Jogger vorbei. Das ist eine ganz andere Situation als im white cube“, erklärt Gohlke.
Die Offenheit der Örtlichkeit nach außen will der Verein nun auch auf sein Programm übertragen. Geplant ist, mit Künstlern in Brandenburg zu korrespondieren und Kunstprojekte, die außerhalb von Potsdam stattfinden, stärker in den Ausstellungsraum mit einzubeziehen.
„Freundschaft“; Brandenburgischer Kunstverein Potsdam e.V., Ausstellungspavillon auf der Freundschaftsinsel; zu sehen bis zum 15. Mai, Di bis So von 12 bis 18 Uhr, www.bkv-potsdam.de
Richard Rabensaat
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