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Kultur: Der Götterliebling in Moll Mozartprogramm bei „Klassik am Sonntag“

Zu Wolfgang Amadeus Mozarts Vornamen gehört auch Theophilus, auf Deutsch Gottlieb, er sei Gott lieb. Er hat wohl die beglückendsten musikalischen Schöpfungen hervorgebracht, die die Welt kennt, und sein Name gilt vielen als Symbol für eine magische, vom Himmel geschenkte Schöpferkraft.

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Zu Wolfgang Amadeus Mozarts Vornamen gehört auch Theophilus, auf Deutsch Gottlieb, er sei Gott lieb. Er hat wohl die beglückendsten musikalischen Schöpfungen hervorgebracht, die die Welt kennt, und sein Name gilt vielen als Symbol für eine magische, vom Himmel geschenkte Schöpferkraft. „Servus, Götterliebling!“, so nannten die Nikolaisaal-Veranstalter das jüngste Konzert der Reihe „Klassik am Sonntag“. Ein reines Mozart-Programm bescherte das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt unter der Leitung des St. Petersburgers Daniel Raiskin, der in Koblenz und in Lodz Chefdirigent ist.

Die aufgeführten Werke sämtlich in Moll. Der heitere und so unbeschwerte Götterliebling blieb weitgehend außen vor. Es ist Musik, die von Verunsicherungen, Seelenschmerz oder zerklüfteten Landschaften erzählt, wie Moderator Clemens Goldberg berichtete. Zu Beginn das Adagio und Fuge c-Moll KV 546, eine Auseinandersetzung Mozarts mit Bach und Händel. Raiskin erspürte diese flirrende Trauermusik, in der uns der Komponist ein knapp zehnminütiges Werk hinterlassen hat, das man getrost auch „Requiem“ nennen darf. Das Orchester mit seinem fein ausbalancierten Streicherpotenzial bannte in diese Wiedergabe vor allem den Schmerz und eine bedingungslose rhythmische Prägnanz hinein, die fast hypnotisierend auf das Publikum wirkte, trotz der unfreiwilligen irritierenden „Lichtspiele“ im Saal.

In d-Moll schrieb Mozart das Klavierkonzert KV 466, das gewissermaßen von am Himmel beharrlich drohenden Wolken bedacht wird. Der Draufgänger Don Giovanni lässt sich hierbei fast körperlich nachspüren, nämlich wenn der steinerne Gast vor den Toren steht und insistierend an die Pforte pocht. Seine Aufforderung wird hier Totentanz. Für den Klavierpart wurde der usbekische Pianist Behzod Abduraimov verpflichtet. Ganze 22 Jahre jung ist er und mit reichen musikalischen Talenten gesegnet. Ein Liebling der Götter? Jedenfalls wird ihm eine große Karriere prophezeit. Abduraimov geht vital zu Werke, um die turbulenten Ausbrüche des Konzertes, das wie eine große Oper wirkt, zu gestalten. Das machte ihm Spaß, da konnte er kräftige Farben in sein Spiel einbringen. Die fast unergründliche Lyrik der Romance steht im Kontrast zu den anderen beiden Sätzen. Der junge Pianist kommt jedoch nicht in Versuchung, diesen zweiten Satz mit Kitsch zu übertünchen, sondern lässt ihn fast nüchtern erklingen. Ein wenig mehr Grazie hätte dem Ganzen gutgetan. Durchsichtig und souverän dialogisierten Dirigent Daniel Raiskin und das Staatsorchester mit dem Solisten, der für eine insgesamt frische Interpretation des Klavierkonzerts sorgte und viel Beifall hervorrief.

Zum Schluss noch ein Moll-Werk, die Sinfonie g-Moll KV 550. Es ist ein Werk der Trauer. Der Anlass, aus dem dieses Werk entstand, war tragisch. Ende Juni 1788 starb Theresia, die Tochter Mozarts, im Alter von sechs Monaten. Vier Wochen später setzte er den Schlusspunkt unter eine neue Sinfonie. Schon bald nach dem frühen Tod des Komponisten gehörte diese Sinfonie bereits zu seinen meistgespielten Werken als zeitlose Schöpfung. Artikulatorisch gelang den Staatsorchester-Streichern immer wieder eindrücklich das Ineinander und Gegeneinander zurückhaltender und davonstürmender Abschnitte. Daniel Raiskin wusste die Bläserbeteiligung differenziert abzumischen und besonders die Horneinsätze geschickt zu modellieren. Das Fatalistische und Resignative, das im Finalsatz ins wütend Aufbegehrende umgewandelt wird geriet spannungsvoll und dicht. Klaus Büstrin

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