Vortrag zu Potsdamer Salons im 19. Jahrhundert: Der große Traum von der Kunst
Ein malender Künstler, der vom großen Geld träumt, emsige Galeristen, die überdimensionale Gemälde umhertragen und eine Fortuna, die sich auf dem Schicksalsrad im Wind dreht. Die Zeichnung auf der Mitgliedsbestätigung vom Potsdamer Kunstverein macht sich gehörig über den Kunstbetrieb des 19.
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Ein malender Künstler, der vom großen Geld träumt, emsige Galeristen, die überdimensionale Gemälde umhertragen und eine Fortuna, die sich auf dem Schicksalsrad im Wind dreht. Die Zeichnung auf der Mitgliedsbestätigung vom Potsdamer Kunstverein macht sich gehörig über den Kunstbetrieb des 19. Jahrhunderts lustig. Gestaltet hat sie niemand Geringeres als Adolph Menzel, der vor allem durch seine Darstellungen von Friedrich II. bekannt ist. Zwar war er selbst wohl kein Mitglied des Potsdamer Kunstvereins, unterhielt aber eine freundschaftliche Korrespondenz zu Wilhelm Anton Puhlmann, einem der Gründer des Vereins, dem er mit seiner Zeichnung einen Gefallen tat – und seine Arbeit gleichzeitig auf die Schippe nahm. Denn so wichtig Kunstvereine für die Entwicklung der Kultur im 19. Jahrhundert waren, die Potsdamer Vereine spielten international eine eher geringe Rolle. Warum sie kulturhistorisch trotzdem interessant sind und inwiefern sie die Stadt geprägt haben, erklärt Uta Kaiser heute Abend im Potsdam Museum.
Die wissenschaftliche Mitarbeiterin und Sammlungsbetreuerin für Bildende Kunst bis 1850 sowie Angewandte Kunst beleuchtet in ihrem Vortrag „Potsdamer Vereine und Salons im 19. Jahrhundert“ sowohl den Potsdamer Kunstverein als auch die Sankt Lucas Gilde und gibt Einblicke in deren Arbeit. „Die Aktenlage ist nicht so gut, dass wir ein vollständiges Bild ihrer Wirkung greifen können“, so Kaiser. Ansätze seien aber da, die durchaus einen Einblick in die kulturellen Netzwerke in Potsdam geben. Dabei widmeten sich die beiden Vereine unterschiedlichen Schwerpunkten: Während der 1834 gegründete Kunstverein Künstler fördern und Kunst für den öffentlichen Raum hervorbringen wollte, wandten sich die Mitglieder der um 1831 entstandenen Sankt Lucas Gilde eher selbst dem künstlerischen Wirken zu.
„Man hat sich getroffen, um gemeinsam zu zeichnen und die Geselligkeit von Gleichgesinnten gesucht“, erklärt Kaiser. Viel überliefert ist von den damals entstandenen Werken nicht. Nur von Sanct-Lucas-Gründer Eduard Freyhoff, der auch Zeichenlehrer an einem Potsdamer Gymnasium gewesen ist, sind einige Zeichnungen und Gemälde erhalten. So ein Ölbild von 1840, das verschiedene Mitglieder der Gilde bei einem Zeichenabend zeigt. Neben Freyhoff selbst sind darauf viele Mitglieder abgebildet, unter anderem auch Wilhelm Anton Puhlmann, der Mitglied in beiden Vereinen war. „Während die Mitglieder der Sanct Lucas Gilde heute eher unbekannt sind, konnte Puhlmann im Kunstverein allerdings mit großen Namen auftrumpfen“, erklärt Kaiser. Mit dabei waren etwa Landschaftsarchitekt Peter Joseph Lenné, Architekt Ferdinand von Arnim oder Hofgärtner Ludwig Samuel Sello. Insgesamt hatte der Kunstverein kurz nach seiner Gründung 332, um 1858 bereits 847 Mitglieder, die sich Mitte des 19. Jahrhunderts auch in Räumen des Palast Barberini getroffen haben, um dort Sitzungen und Ausstellungen abzuhalten. Auch der Versuch einer eigenen Potsdamer Akademie wurde unternommen, scheiterte jedoch an der Berliner Konkurrenz. In der ersten Liga spielte Potsdam also nicht – Adolph Menzel schien das früh erkannt zu haben. Sarah Kugler
Vortrag heute um 18 Uhr im Potsdam Museum, Am Alten Markt 9. Der Eintritt kostet vier Euro.
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