Kultur: Der Hirsch auf der Lichtung
Morgen eröffnet die Ausstellung „Kunst im Wald“: ein ironischer Kommentar des Kunstvereins zur Politik
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„Kunst im Wald“ ist der Titel der neuen Ausstellung des Brandenburgischen Kunstvereins Potsdam. Und wer sogleich die Axt im Walde assoziiert, liegt nicht falsch. Denn diese Gruppenschau sei ein ironischer Kommentar zur Situation der Bildenden Kunst in Potsdam, sagt Gerrit Gohlke, der Vereinsvorsitzende, in einem PNN-Gespräch. Alle 13 teilnehmenden Künstler werden sich in ganz unterschiedlichen Genres mit dem leidigen Thema der mangelnden Förderung auseinandersetzen und Flagge zeigen. „Es soll keine politische Illustration werden, sondern eine künstlerische Reibung.“
Jörg Schlinke wird einen Hirsch ins Dickicht stellen und Göran Gnaudschun mit seinen Fotos für Lichtungs-Schneisen sorgen. Zwar seien diese Arbeiten schon älter, aber eben passgenau zum Thema. Neu sei indes eine Videoarbeit von Karl Heinz Jeron, der Worte aus der politischen Debatte mit Bildern aus der Google-Suchmaschine untersetzt und sie zu einem Film zusammenschneidet. Mit grafischen Arbeiten über das gemütliche Heim wartet Heidi Sill auf, die allerdings mit Aquarellfarben der Häuslichkeit tüchtig in die Parade fährt.
Schon seit langem schwelt in Potsdam der Unmut über den stiefmütterlichen Umgang mit der Bildenden Kunst. „Das ist wie bei Hänsel und Gretel, die sich im Wald alleingelassen fühlen. Zum Glück haben sie kleine Kieselsteine gestreut, um zurück zu finden“, so Gerrit Gohlke. Denn natürlich hoffen auch die Künstler, die statt Steine ihre Werke in die Kunstlandschaft stellen, dass sie nicht verloren gehen. An die Brotkrumen, die Hänsel und Gretel beim zweiten Mal streuen, und die aufgepickt werden, möchte man da wohl lieber nicht denken. Schließlich verirrten sie sich tüchtig. Aber mit gemeinsamer Stimme wird der Ruf der Künstler nach Beachtung sicher nicht sang- und klanglos verhallen. Dazu haben sie ihren Runden Tisch inzwischen zur Arbeitsgemeinschaft freier Träger erhoben, in der neben dem Kunstverein der Brandenburgische Verband Bildender Künstler, der KunstRaum des Waschhauses, die Galerie Ruhnke und das Kunsthaus Pläne schmieden und auf höhere Finanzierung dringen.
Das Dilemma bestünde darin, dass für die Projektförderung der freien Träger im bildenden Bereich die konstante Summe von 10 000 Euro von der Stadt zur Verfügung steht. Doch inzwischen gäbe es weit mehr Anbieter, die sich dieses Geld teilen müssten. Da bleibe zwangsweise etwas auf der Strecke. So reduzierte der Kunstverein die Anzahl seiner Ausstellungen in diesem Jahr fast um die Hälfte. „Ob wir nach Halle, Weimar oder Freiburg schauen – und das sind keine Landeshauptstädte – überall ist die Zuwendung höher.“ Potsdam dümpele am untersten Ende, so Gerrit Gohlke. Die Bildende Kunst müsse auch personell einen Anwalt bekommen: wohl eine Art „Jäger“, der laut und vernehmlich ins Horn bläst. Heidi Jäger
„Kunst im Wald“: Vernissage morgen, 19 Uhr, im Brandenburgischen Kunstverein, Luisenforum, Brandenburger Straße 5 .
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