zum Hauptinhalt

Kultur: Der Klick vor der Pose

Klaus-D. Fahlbusch auf der steten Suche nach dem entscheidenden Moment / In der Photographen-Lounge zeigt er Gesicht

Stand:

Auf den Moment kommt es an. Eine Binsenweisheit für jeden Fotografen. Klaus-D. Fahlbusch hat verschiedene Tricks, um ihn zu packen. Oft spielt er ganz mutig den Westernhelden, der seine Kamera wie die Pistole aus der Hüfte zieht. „Man muss vorher sehen, was kommen könnte“, sagt er und eifert darin seinem großen Vorbild Henri Cartier-Bresson nach, dem Meister des „entscheidenden Augenblicks“.

Aber der Fotograf kann sich ebenso gut in Geduld üben: ganz wie ein Jäger auf die „Beute“ warten. Dann setzt er sich auf eine Parkbank, beobachtet die Leute, bis er anscheinend zu ihnen dazu gehört. Auch durch diese Vertrautheit schafft er den Klick noch vor der Pose. Wie bei den drei jungen Mädchen, die er in Jyväskylä fotografierte. Gelangweilt sitzen sie mit ihren engen Shirts in der Sonne, die Beine relaxt auseinander gestreckt. Keine gespielte Grazie, kein gekünsteltes Lächeln. Auch sein Porträtfries mit 20 verschiedenen Gesichtern zeigt den guten Beobachter hinter der Kamera. Verkniffene Münder neben entspannte, griesgrämige neben heitere...

Diese Fotos brannten sich bereits vor zwei Jahren ins Gedächtnis, als sie im Alten Rathaus hingen. Gern hätte Klaus-D. Fahlbusch innerhalb der Photographen- Lounge, die sich noch bis Dienstag im „Güldenen Arm“ präsentiert, neuere Arbeiten gezeigt. „Doch das Thema wurde uns vorgegeben. Und das hieß nun mal Potsdam.“ Für den weitgereisten Fotografen eine unverständliche Einengung, in die er sich mehr oder weniger nun mit Potsdams Partnerstadt einfügte.

„Die Idee der Photographen-Lounge wurde eigentlich am Stammtisch geboren. Vor gut sechs Jahren traf sich eine kleine Runde Potsdamer Fotografen, um kritisch über ihre Bilder zu diskutieren. Doch unsere anfangs sehr zielgerichteten Treffs entwickelten sich allmählich zur drögen Masse. Am Ende ging es mehr ums Essen als um die Arbeit.“ Vor drei Jahren besannen sich einige von ihnen auf ihre Ursprungsidee und gründeten die Photographen-Lounge. Zwei Bücher in kleineren Auflagen sind neben das gegenseitige künstlerische Vorwärtstreiben vorzeigbares Resultat. „Zudem schwebt uns schon lange ein Ausstellungsprojekt zu einem bestimmten Thema vor. Doch die zündende Idee war noch nicht da, ebenso wenig wie geeignete Räume.“ Kurzfristig hatten sie nun das Glück, in den „Güldenen Arm“ zu dürfen. „Mit der thematischen Auflage.“ Für ihn hieß das, etwas aus der Kiste zu ziehen, denn so auf die Schnelle war natürlich keine Potsdam-Kollektion hinzubekommen. Doch auch ein erneuter Blick auf die Fotos von Jyväskylä, die Fahlbusch als Gewinner einer Ausschreibung als Potsdam-„Botschafter“ machen konnte, langweilen nicht.

Um neue Fotos von dem BVBK–Vorstandsmitglied sehen zu können, muss man nicht allzu lange warten. Spätestens auf der ART Brandenburg im November wird er mit seinen Arbeiten wieder präsent sein. Vor allem mit Afrikabildern. Fahlbusch ist ein Weltenbummler. Über 70 Länder hat der gebürtige Thüringer bereits mit seiner Kamera durchkämmt. „Als ich noch ein junger Mann war, sagte meine Großmutter zu mir: ,In dir fließt Zigeunerblut“.“ Gut, dass er inzwischen freiberuflich ist, um das Fernweh besser stillen zu können. Bis zur Wende war er als Meteorologe beim Wetterdienst Potsdam tätig. Inzwischen verdient er sich als Kameramann, Webdesigner und eben als Fotograf sein Brot. „Immer hart an der Kante.“ Aber wenn er mit öffentlichen Bussen die Kontinente bereist, braucht er nicht viel, um sich über Wasser zu halten. „Es macht mir Spaß, so zu leben, wie die Einheimischen, was auch mal bedeuten kann, in einer Bushaltestelle zu übernachten oder sich den ganzen Tag von Bananen zu ernähren.“ Vor allem Asien hat es ihm angetan. „Das war Liebe auf den ersten Blick. Es gibt kaum ein Land, das ich dort noch nicht besucht habe. Und am allerschönsten ist es in Myanmar, dem früheren Burma.“ Viele interessante Menschen konnte er bereits porträtieren. „Besonders faszinieren mich Mönche. Um sie fotografieren zu dürfen, schenke ich ihnen zuerst ein Foto von mir. Das macht sie sofort zugänglicher.“ Ein weiterer Spezial-Trick von ihm.

Afrika war eine sehr andere Erfahrung, „vor allem, weil man sich dort abends nicht allein auf die Straße trauen kann.“ Tagsüber tuckerte er indes problemlos um den Victoriasee, ließ sich von Kenia, Uganda und Tansania umfangen. Und es bestätigte sich auch dort seine Erfahrung, dass sich in den entlegenen Ecken, wo es noch keine Tourismus-Sättigung gibt, die Leute viel lieber fotografieren lassen. „Eine Frau war so stolz, dass sie mir eine Banane schenkte.“ Klaus D. Fahlbusch weiß zu seinen Bildern viele Geschichten zu erzählen. „Deswegen brauche ich auch mehrere Monate Abstand, um meine Aufnahmen zu selektieren. In manche bin ich verliebt, weil die Geschichte dazu so schön war.“ Fahlbusch bearbeitet seine Fotografien so wenig wie möglich, um ihnen nicht die Seele zu nehmen.

Gibt es für ihn nach all“ den Eindrücken noch Träume? „Ja, ich möchte Spanisch lernen und dann Lateinamerika bereisen.“ Trotz seines Fernwehs kehrt er immer wieder gern nach Hause zurück. „Hier bin ich tief verwurzelt.“ Doch spätestens im grauen Winter wird wieder der Rucksack geschnürt. Diesmal für Indien.

Bis 31.7., H.-Elflein-Straße 3, außer Mo.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })