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Immer schön stilvoll, auch wenn das Chaos regiert. Dirk Pursche (l.) und Stefan Klucke, besser bekannt als Schwarze Grütze.

©   pr

Kultur: Der Meister wird es schon richten

Stefan Klucke und Dirk Pursche von der Schwarzen Grütze mit ihrem neuen Programm in Potsdam

Stand:

Vor Facebook haben Stefan Klucke und Dirk Pursche dann doch kapitulieren müssen. Einen dieser Abwasserkanäle unserer Kommunikation, wie erst kürzlich so treffend geschrieben stand, in ein Lied zu packen und den ganzen Entblößungsirrsinn bloßzustellen. Alles natürlich ganz nach der bewährten Schwarze-Grütze-Rezeptur mit viel Ironie und einem kräftigen Schuss Schwarzen Humor. Doch Satire bedarf der Übertreibung, und was Stefan Klucke dann alles bei Facebook entdeckte, nachdem er sich selbst bei diesem sozialen Netzwerke angemeldet hatte, verschlug ihm die Sprache. Was da ausgestellt werde, das sei oft genug die reinste Geschmacklosigkeit, so Klucke. „Das lässt sich nicht mehr überbieten.“ Und wo keine Übertreibung mehr möglich ist, muss auch die Satire kapitulieren. Doch das menschliche Dasein liefert genug Material für ein abendfüllendes Musikkabarett wenn man Stefan Klucke und Dirk Pursche heißt und seit bald 20 Jahren als Duo Schwarze Grütze auf den Kleinkunstbühnen dieses Landes unterwegs ist. Am kommenden Freitag stellen Stefan Klucke und Dirk Pursche ihr aktuelles Programm „TabularasaTrotzTohuwabohu“ im Waschhaus vor. Premiere in Potsdam, ihrer Heimatstadt. Und wenn der eigene Spaß und das wiederholte Lachen beim Vorgespräch mit Klucke und Pursche als Indikator für das gelten kann, was die beiden auf die Bühne bringen werden, dann verspricht es ein sehr, sehr guter Abend im Waschhaus zu werden.

Mit ihren Bühnenprogrammen haben Klucke und Pursche schon immer ihre Finger an den besonders empfindlichen Nerven unserer Gesellschaft gelegt. Bei „TabularasaTrotzTohuwabohu“ geht es nun um die alltägliche Überforderung in dieser, unserer Informationsgesellschaft. „Beim Versuch, der permanenten Überforderung der eigenen Denkmaschine im modernen Informationsstrudel etwas Wirksames entgegenzusetzen, scheitern wir alle immer wieder auf verschiedenen Ebenen“, heißt es im Pressetext zum aktuellen Programm. Was sich hier so harmlos liest wie ein Satz aus der Werbebroschüre für ein hundsteures Anti-Stress-Wochenende, bekommt durch den Stempel „Schwarze Grütze“ eine ganz besondere Note. Soll heißen:  Stehen Stefan Klucke und Dirk Pursche erst einmal auf der Bühne und äußern sich zum Thema, dann, auch wenn es oft genug auch weh tun kann, bleibt keine Auge trocken.

Im Grunde schauen Stefan Klucke und Dirk Pursche immer nur genau hin. Sei es nun der Ritalinwahn für allzu unruhige Kinder oder die grenzenlosen Möglichkeiten beim Internetaktionshaus Ebay. Sei es der Schönheitschirurgiewahn der bei der Schwarzen Grütze in dem Lied „Ich lasse mir das Gehirn absaugen“, das gleichzeitig auch als ziemlich kompromissloser Vorschlag verstanden werden kann, sich endgültig der immer schneller werdenden Informationslawine zu entziehen, seine herrliche Überhöhung erfährt. Oder unsere ständige Suche nach Gleichgewicht und einem ausgewogenen Leben, ob nun im Yogakurs, beim Bäume umarmen, Tai Chi, Qi Qong oder anderem fernöstlichen Firlefanz, bei „TabularasaTrotzTohuwabohu“, sozusagen als roter Faden durch die Show, wird Dirk Pursche immer wieder seinen „Meister“ aufsuchen, um entsprechende Erleuchtung mal durch eine fleischlose, dann durch eine sexlose Lebensweise zu finden. Und natürlich wird er scheitern. An seinen eigenen Worten, mit denen er seinen Lebenswandel zu rechtfertigen versucht.

Wer Stefan Klucke und Dirk Pursche im Gespräch erlebt, dieses ständige, liebevoll-bissige Hin und Her, das sich immer wieder schnell zu einem so kurzen und so herrlichen Schlagabtausch hochschraubt, kann nur schwer glauben, dass die Arbeit an ihrem Musikkabarett, an den zahlreichen Lieder wie bei einem normalen Bürojob funktioniert. „Früher haben wir uns für mehrere Tage regelrecht weggeschlossen“, sagt Dirk Pursche. Programmentwicklungslager, könnte man sagen. Für „TabularasaTrotzTohuwabohu“ hatten sie sich nun regelmäßig in ihrem Büro getroffen und an den Texten gearbeitet. Eine ganz sachliche Arbeitsatmosphäre, in der nur ganz selten gelacht wurde. „Mit den Jahren hat man ein Gespür dafür, was auf der Bühne funktioniert. Da muss man nicht erst selbst lachen“, so Stefan Klucke. Neu war auch, dass sie mit Hans Holzbecher vom Düsseldorfer „Kommödchen“ zum ersten Mal überhaupt mit einem Regisseur zusammengearbeitet haben. „Eine Empfehlung unserer Agentur“, sagt Klucke. Und das sich die Zusammenarbeit gelohnt habe, denn Holzbecher hat das Duo ergänzt und nicht versucht, etwas durchzusetzen.

Das so gnädige wie langweilige Thema von Gehässigkeiten gegenüber Politikern wird man bei der Schwarzen Grütze vergeblich suchen. Dafür ein messerscharfes Gespür für unsere Sprache. Und wenn Stefan Klucke und Dirk Pursche Lösungsvorschläge für unser Überforderungsdilemma liefern, sind die nur bedingt ernst zu nehmen. Doch ein Abend mit den beiden und das Lachen über ihren Humor, das ja gleichzeitig ein Lachen über uns selbst ist, eine bessere und gleichzeitig kostengünstige Therapie lässt sich weit und breit kaum finden.

„TabularasaTrotzTohuwabohu“ mit Schwarze Grütze am kommenden Freitag, dem 2. März, um 19.30 Uhr im Waschhaus, Schiffbauergasse. Karten im Vorverkauf 16, an der Abendkasse 19 Euro. Reservierungen unter Tel.: (030) 61 10 13 13

Die PNN verlosen 2x2 Freikarten für die Premiere. Siehe Seite 22

Dirk Becker

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