
© Guy Hecht
Kultur: Der Nachbar war schuld
Avi Avital und die Mandoline – am Sonntag Konzert mit der Kammerakademie
Stand:
Herr Avital, warum ausgerechnet die Mandoline?
Ja, das ist eine gute Frage. Wissen Sie, ich habe mit der Mandoline angefangen, da war ich acht Jahre alt. Und in dem Alter habe ich wie jedes andere Kind auch nach etwas gesucht, was ich am Nachmittag, nach der Schule machen könnte.
Und warum haben Sie da nicht Fußball gespielt, wie andere Jungs in Ihrem Alter?
Ich kam schon sehr früh mit Musik in Berührung und habe begeistert alle möglichen Spielzeuginstrumente gesammelt.
Das wird Ihren Eltern auch aufgefallen sein. Warum haben die nicht auf Geige oder Klavier bestanden?
Ich bin in Beer Sheva im südlichen Teil Israels aufgewachsen und letztendlich hat mein Nachbar den Ausschlag gegeben, denn der spielte Mandoline. Ich habe ihn immer spielen gehört, mochte einfach den Klang. Es war das Instrument, das ich zu diesem Zeitpunkt am besten kannte. So fiel die Entscheidung für die Mandoline.
Am Sonntag sind Sie zusammen mit der Kammerakademie in der Reihe „Schlosskonzerte in Sanssouci“ zu erleben. Auf dem Programm im Schlosstheater im Neuen Palais stehen Konzerte für Mandoline von Johann Sebastian Bach, die ursprünglich für Violine geschrieben wurden. Die meisten wird es vielleicht überraschen, dass die Mandoline im Konzertsaal zu hören ist.
Ja, und das obwohl die Mandoline in ihren Anfängen ein rein klassisches Instrument war. Im 17. Jahrhundert entstand sie aus dem französischen Saiteninstrument Mandora und war am Hofe der Medici in Italien ein beliebtes Instrument. Es gibt viele Gemälde aus dieser Zeit, auf denen Mandolinen zu sehen sind, sodass kein Zweifel daran bestehen kann, dass die Mandoline ein Instrument des Adels war. Sie gehörte zur Hochkultur, Vivaldi, Mozart und Beethoven haben für sie komponiert. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurde sie immer stärker von der Volksmusik beansprucht. Diese Entwicklung ging erstaunlicherweise auch von Italien aus, vor allem aus der Region um Napoli.
Aber auch wenn Komponisten wie Vivaldi, Mozart und Beethoven für die Mandoline geschrieben haben, ist es doch heute noch immer eine Seltenheit, sie im klassischen Konzert zu erleben.
Da haben Sie leider recht. Die Entwicklung hin zum Volksliedinstrument Anfang des 20. Jahrhunderts war so stark, dass für viele gar nicht vorstellbar ist, dass die Mandoline auch außerhalb von begeisterten Amateuren und Mandolinenorchestern ein ernstzunehmendes Instrument sein kann. Aber ich bin da guter Hoffnung und habe das Gefühl, dass die Mandoline immer stärker wiederentdeckt wird.
Auch durch Ihre Konzerte als Solist?
Ja, denn mein Anliegen ist es, die früheren Kompositionen für die Mandoline mit zeitgenössischen Werken zu verbinden. Und da sind den Möglichkeiten im Grunde keine Grenzen gesetzt. Und immer wieder erlebe ich nach meinen Konzerten, dass das Publikum wirklich überrascht darüber ist, was die Mandoline alles bieten kann.
Und was ist dieses Überraschende, das Reizvolle überhaupt an der Mandoline?
Dass die Mandoline einen sehr süßen Klang hat, ist oft der erste Eindruck überhaupt. Aber sie hat auch etwas sehr Delikates, Dramatisches in ihrer Stimme. Da ist sehr viel Präsenz und keine Zurückhaltung, wie die Größe der Mandoline vermuten lässt. Dieses Instrument hat so viele Farben und auch eine Frische. Aber vor allem durch das Anschlagen der Saiten entsteht im Konzertsaal ein Kontrast zu den Streichern und den Tasteninstrumenten, der wirklich voller Magie ist.
Das Gespräch führte Dirk Becker
Bach-Konzerte für Mandoline am kommenden Sonntag, dem 9. Oktober, 16 Uhr, im Schlosstheater im Neuen Palais. Der Eintritt kostet zwischen 12 und 26 Euro
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