Kultur: Der Reiz am Unbekannten
Konzert mit anonymen Triosonaten
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Es ist alles so einfach geworden auf der Suche nach dem Unbekannten. Keine weiten Reisen in ferne Bibliotheken mehr, um dort Tage in den Archiven auf der Suche nach unentdecktem Notenmaterial zu verbringen. Für ihr aktuelles Programm mit anonymen Triosonaten um 1700, das heute im Kammermusiksaal Havelschlösschen vorgestellt wird, haben die Potsdamer Violinistin Claudia Mende, die Gambistin Heidi Gröger und der Cembalist Johannes Weiß zum Teil einfach das Internet bemüht. „Viele Bibliotheken haben ihre Archivbestände mittlerweile digitalisiert“, sagt Claudia Mende. Weil die drei Musiker mit ihrer Vorliebe für die alte Musik und die historische Spielweise ausgetretene Pfade verlassen und nicht nur immer das spielen wollten, was schon oft gehört wurde, haben sie sich so auf die Suche nach dem Unbekannten gemacht.
Ein wenig muss Claudia Mende dann doch relativieren. Die Ursache für die Anonymität mancher Werke ist oft Schlamperei gewesen. „Beim Abschreiben vom Original ist nicht selten der Name des Komponisten vergessen worden“, sagt die 26-Jährige. Wenn dann das Original mit der Zeit verloren geht, bleibt nur der Stempel „anonym“, es sei denn, der Stil der Komposition lässt eine eindeutige Zuordnung zu. Aber das interessiert Claudia Mende, Heide Gröger und Johannes Weiß nicht vordergründig, ihnen geht es um die Musikalität.
Vor einem Jahr war das Trio schon einmal mit einem Konzert mit Sonaten von Dietrich Buxtehude und Johann Philipp Krieger in Potsdam zu erleben. Das knapp einstündige Konzert überraschte mit Spielfreude, Lebendigkeit, Farbe und Klarheit. Mit derselben Spielfreude hat das noch namenlose Trio, das im vergangenen Jahr den Biagio-Marini-Preis in Neuburg an der Donau gewann, in den vergangenen Tagen das neue Programm einstudiert und immer wieder geprobt. Es ist der Reiz am Unbekannten, der das Trio treibt, der dann auch den Hörer packen soll. Dirk Becker
Das Konzert im Kammermusiksaal Havelschlösschen, Waldmüllerstraße 3, beginnt heute um 20 Uhr. Der Eintritt kostet 25 Euro, Reservierungen unter Tel.: (0331) 748 14 96.
Dirk Becker
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