Kultur: „Der Ton liegt buchstäblich in meiner Hand“ Gösta Funck auf dem Clavichord in Sacrow
Herr Funck, nicht einmal jedem Musikfreund wird das Clavichord bekannt sein. Wie erklären Sie dieses Instrument, wenn Sie danach gefragt werden?
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Herr Funck, nicht einmal jedem Musikfreund wird das Clavichord bekannt sein. Wie erklären Sie dieses Instrument, wenn Sie danach gefragt werden?
Es ist ein sogenanntes Saitenklavier, älter als das Cembalo und entwickelt aus dem Monochord, einem einfachen Klangkörper mit einer Saite, an dem man Ton- und Intervallberechnungen vorgenommen hat. Das Clavichord wurde im 18. Jahrhundert zum wichtigsten Instrument bei der Entwicklung hin zum Hammerklavier. Durch die ganz einfache Mechanik und die Art, wie der Ton erzeugt wird, ist das Clavichord eines der leisesten Instrumente überhaupt.
Sie spielen hauptsächlich Cembalo. Was macht das Clavichord für Sie so reizvoll?
Die Art und Weise, wie ich hier die Töne erzeugen und gestalten kann. Denn das Clavichord grenzt sich dabei von allen anderen Tasteninstrumenten ab, weil ich den Ton buchstäblich in der Hand habe. Ich habe über die Taste direkten Kontakt zur Saite. Beim Cembalo wird die Saite einmal gezupft, beim Klavier schlägt ein Hammer dagegen. Das war es dann. Beim Clavichord muss ich mit meinem Finger die gesamte Dauer den Ton unterhalten.
Also sind die Tasten am Clavichord im Grunde verlängerte Finger?
Genau. Ich habe eine einfache Mechanik, einen Tastenhebel, der, wenn ich ihn berühre, vorne runtergeht und hinten hoch. Am hinteren Ende befindet sich die sogenannte Tangente, die berührt direkt die Saite. Erst in diesem Moment entsteht der Ton. Und durch den Druck meiner Finger kann ich diesen Ton ganz minimal gestalten. Bin ich dabei unsauber, fängt der Ton sofort an zu klirren und ist weg.
Das Clavichord ist ein sehr empfindsames, persönliches und intimes Instrument, das viel im häuslichen Bereich genutzt wurde. Am heutigen Samstag stellen Sie es bei den Sacrower Schlosskonzerten vor. Was werden Sie spielen?
Ich werde vier Duette von Johann Sebastian Bach spielen, die aus dem dritten Teil der „Clavierübungen“ stammen. Denen stelle ich zwei Sonaten und ein Rondo seines Sohnes Carl Philipp Emanuel Bach gegenüber.
Für Carl Philipp Emanuel Bach war das Clavichord sogar ein Lieblingsinstrument.
Es war das Hauptinstrument für sein ästhetisches Verständnis. Er war auch als Clavichordspieler international bekannt gewesen. So wollte Joseph Haydn 1788 auf dem Rückweg von London Bach in Hamburg besuchen und spielen hören. Umso enttäuschter war er, als er erfuhr, dass Bach erst kürzlich verstorben war.
Das Gespräch führte Dirk Becker
Gösta Funck spielt am heutigen Samstag, 16 Uhr, im Schloss Sacrow, Krampnitzer Straße 33. Der Eintritt kostet 10, ermäßigt 5 Euro
Gösta Funck, geb. in Hamburg, studierte historische Tasteninstrumente in Würzburg bei Glen Wilson und in Köln bei Ketil Haugsand. Seine besondere Leidenschaft gilt dem Clavichord.
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