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Kunstfotografin Antje Schulz stellt im Botanischen Garten in Potsdam aus.

© Andreas Klaer

Der Urwald vor der Haustür: Botanischer Garten in Potsdam zeigt impressionistische Fotokunst

Die Fotokünstlerin Antje Schulz betritt mit ihren kunstvollen Naturbildern neues Terrain. Und ermutigt Betrachter, mehr auf Details der Natur zu achten.

Von Alicia Rust

Beim ersten Blick auf die impressionistischen Fotografien von Antje Schulz kommen Gedanken an brasilianische Urwälder auf, daneben gibt es Aufnahmen von Wasserlandschaften, die an die Sümpfe von New Orleans erinnern, Wälder in Borneo und wer weiß wo sonst noch auf der Welt. Blätter, aufgefächert, durch mehrfache Belichtung verfremdet, kunstvoll übereinander geschichtet wie Collagen. Baumstämme in einer Wasserlandschaft, Bäume im Gegenlicht der untergehenden Sonne, Gräser, die wie vom Wind getragen durch die Luft schweben.

Inspiriert von der Natur und der Pflanzenwelt in heimischen Gefilden hat die Fotokünstlerin Antje Schulz ihre experimentellen Bilder kreiert, bis zum 17. September werde sie - umgeben von tropischen Pflanzen - in den Gewächshäusern des Botanischen Gartens der Universität Potsdam ausgestellt. Den Ort für ihre Ausstellung hat die Fotokünstlerin bewusst gewählt, durch ihre Kunst möchte sie auch auf die Bedeutung des Botanischen Gartens hinweisen, in dem rund 9.000 teils vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten ein Refugium gefunden haben.

Kunstfotografin Antje Schulz stellt im Botanischen Garten in Potsdam aus.

© Andreas Klaer

Einige ihrer Motive wirken wie von Impressionisten gemalt, andere hingegen muten fast mikroskopisch an, sind gestochen scharf. Für ihre Aufnahmen musste Antje Schulz allerdings nicht sehr weit reisen. Sämtliche Arbeiten sind in heimischen Gefilden entstanden: im Schlosspark Sanssouci, auf der Insel Usedom, auf Rügen, im Harz oder im Spreewald. „Die schönsten Landschaften befinden sich oft direkt vor unserer Haustür“, sagt Schulz. „Für mich gibt es deshalb keinen Grund, in weite Ferne zu reisen.“

Die schönsten Landschaften befinden sich oft direkt vor unserer Haustür.

Antje Schulz (Fotokünstlerin)

Alles, was sie zu ihren Motiven inspiriere, finde sie auf ihren Streifzügen durch die Natur. „Ein übergeordnetes Thema meiner Arbeit ist der Begriff Heimat“, sagt die an der Ostsee geborene Fotografin. Aufgewachsen ist sie im Osten Berlins, wo sie heute noch lebt. An die Ostsee zieht es sie aber oft.

Drei kleine Fotoarbeiten, nebeneinander an einer Holzwand über einigen Kästen mit exotischen Pflanzen platziert: Mikroskopische Ansichten wie aus dem Inneren eines Zellkerns, Membrane, Formen, kunstvoll mithilfe experimenteller Techniken verfremdet. Innen- und Außenansichten zugleich. „Die habe ich mit einer Lupe fotografiert und anschließend bearbeitet“, sagt die 50-Jährige.

Malen mit der Kamera

Eine andere Arbeit trägt den Titel „Memoria im Hochharz“. „Diese Wälder, die ich so liebe, existieren so nicht mehr“, sagt Schulz. Erst vor Kurzem sind sie den Waldbränden beim Brocken zum Opfer gefallen. Doch zum Glück erhole sich die Natur oftmals wieder, sagt Schulz. „Windemal“ heißt ein anderes Bild. Ein Baum, der scheinbar im Nebel steht. In Wirklichkeit ein Effekt, durch die Kamera entstanden. Kamera-Painting nennt Schulz diesen Ansatz.

Details darüber, wie sie das alles macht, will sie nicht benennen. Genauso wenig, wie Angaben zu den Kameras, den Objektiven oder den Filtern, mit denen sie fotografiert. „Ich verwende verschiedene Apparate“, sagt sie und bittet um Verständnis. Es habe viele Jahre und etliche Experimente gebraucht, um dorthin zu kommen, wo sie sich mit ihrer Kunstfotografie heute befinde.

Über sechs Jahre hat sie in das Resultat ihrer aktuellen Arbeit investiert, die nun im Botanischen Garten zu sehen ist. Tausende von Fotos hat sie währenddessen gemacht. Mal sind die Farben zart und verblasst, mal kreischend bunt, beinahe neonfarben.

Mir ist es wichtig, das Bewusstsein von Kindern und Jugendlichen für ihre Umwelt zu schärfen.

Antje Schulz (Fotokünstlerin)

60 Motive sind im Palmhaus, im Verbindungsgewächshaus und in der Aquarienhalle zu sehen. Da sie einer hohen Luftfeuchtigkeit ausgesetzt sind, befinden sie sich unter schützenden Folien. „Das macht die Darstellungen weniger brilliant“, sagt Schulz, doch anders sei es nicht möglich.

Ich glaube es wird eine Zeit kommen, in der die Menschen wieder mehr ein Gespür für das Wesentliche entwickeln, vor allem für die Natur.

Antje Schulz (Naturfotografin)

Ein Bewusstsein für die Natur

Einige Schulklassen laufen in den Gewächshäusern umher, sie betrachten die tropischen Pflanzen und Schulz’ Bilder. „Mir ist es wichtig, das Bewusstsein von Kindern und Jugendlichen für ihre Umwelt zu schärfen“, sagt sie. Der Blick fürs Detail, für die Schönheit der Natur, für die Zusammenhänge. Themen wie Klimawandel und Abholzung will sie nicht direkt ansprechen. Ihre Fotos sollen ihre eigenen Geschichten erzählen.

Schulz widmet sich auch den kleineren Details. Angespülte Meeresgischt am Strand zum Beispiel. Ein Bild wie eine Aufnahme aus dem All. Das sei auch so gewollt, sagt Schulz. Die Unendlichkeit sei noch so ein Thema, dem sie in ihrer Arbeit nachgehen wolle.

Trotz wachsender Sorgen in Sachen Umweltzerstörung bleibe sie optimistisch. „Ich glaube, es wird eine Zeit kommen, in der die Menschen insgesamt wieder mehr ein Gespür für das Wesentliche entwickeln, vor allem für die Natur“, sagt Schulz. Ihre Ausstellung ist ein Anfang für jene, die das noch vertiefen wollen.

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