Kultur: Der Versuch, Schinkel ein Bühnenleben zu geben
Comédie Soleil brachte „Ich hatte einen Traum – Arkadien“ im Schlosstheater zur Uraufführung
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Schinkel spielen – geht das? Es geht so, wie man Beethoven als Figur zeigen kann, wenn die nicht gerade das Motiv der „Fünften“ besessen anschlagend „Ewiges“ schaffen muss. Es geht so, wie man den Mann Goethe vorführen kann, wenn er nicht eben die letzten Verse des „Faust“ vollendend seine Unsterblichkeit begründet ... Aus solcher Haltung heraus aber hat Michael Klemm sein Stück „Ich hatte einen Traum – Arkadien“ nicht geschrieben. Sicher, man wird sich immer vergegenwärtigen, wer dieser Schinkel ist, nämlich Teil der Weltkultur. Einer, der von Arkadien träumte, der aber auch die Schönheit Preußens erfunden hat. Er war ein Mensch, der seinen Weg ging, der allein seiner Kunst diente, leidenschaftlich und kompromisslos, der sich fast immer der Unterstützung seiner obersten Auftraggeber sicher sein konnte, der preußischen Könige.
Schinkel auf der Bühne. Da fehlt es in seiner Biografie scheinbar an genügend Substanz für ein spannendes Theaterleben. Und wenn sie nicht da ist, dann könnte man ein Stück auch mit netten „Anekdötchen“ und „Histörchen“ füllen. Aber vor allem erwartet man, dass das Innenleben des klassizistischen Architekten, Malers, Bühnenbildners und Designers beleuchtet wird, um zu verstehen, weshalb er so rastlos tätig war. Dies herauszufinden hat der Autor, Schauspieler und Regisseur Michael Klemm versucht und stellt nun im Rokokotheater des Neuen Palais sein Schinkel-Schauspiel mit dem Theater Comedie Soleil vor.
Das Stück beginnt mit dem Tod des Architekten. Für den Zuschauer aber ist er nicht tot. Er wird der Erzähler seines Lebens, hin und wieder auch der Schatten des jungen Schinkel. Und so werden Ausschnitte biografischer Ereignisse erzählt: die Freundschaft zu seinem in jungen Jahren verstorbenen Lehrer Friedrich Gilly, die Begegnung mit dem preußischen Politiker Wilhelm von Humboldt, die Begeisterung der Königin Luise für die Pläne des Architekten oder die gemeinsamen Träume mit dem Landschaftsgestalter Peter Joseph Lenné, aus Preußen ein Arkadien zu machen. Klemm hat die Geschichtsbücher über Schinkel und seine Zeit kräftig bemüht. Aber er verstand es nicht, ein Theaterstück zu machen. Es ist ein dokumentarischer Bilderbogen geworden, in dem Schinkels geliebter Arkadien-Traum durchgängig zu vernehmen ist. Der große Architekt aber wird viel zu selten als Mensch mit ausgeprägtem Gefühlsleben gezeigt. Ein Theaterstück über eine geschichtliche Persönlichkeit darf sich bei aller historischen Korrektheit auch als ein emotionaler Durchlauferhitzer verstehen – mit aller gebotenen Hintergründigkeit. Klemm lässt die Figuren überzogen pathetisch sprechen und handeln, so dass ihr Bühnenleben alles andere als echt wirkt.
Man sieht ein stimmungsvolles und praktikables Bühnenbild (Wolfram Baumgardt/ Jens Uwe Behrend), passende Kostüme aus der Schinkelzeit (RUDI Kostümabteilung) sowie ansehenswerte Bildprojektionen von Bauten und Traumerlebnissen. Auch manch Witziges ist zu hören, beispielsweise die Gespräche über Theater. Schön gelingt die Einführung der Kunstfigur des Chelys (Schildkröte), die das Genie des oft resignierenden Schinkel erkennt und ihn „zwingt“ an sich selbst zu glauben.
Dennoch: die Szenenfolge ermüdet auf Dauer, die historischen Personen wollen nicht lebendig werden. Das Ganze bleibt statisch, obwohl sich das Ensemble (Regie: Michael Klemm) mit großer Intensität im Rahmen seiner Möglichkeiten dem Stück widmet. Vor allem Christian Ballhaus vermochte dank seiner langen schauspielerischen Erfahrung der Rolle des Schinkel sen. eine wunderbare Schlichtheit und Kraft zu geben. Mehmet Yilmaz als Schinkel jun. verstand das Ungestüme des Architekten gut zu verdeutlichen. Es wäre aber gut gewesen, wenn ein Regie-Kollege die Vorlage Klemms kritisch in Augenschein genommen hätte. Denn so bleibt das Arkadien-Stück eben nur ein Versuch, Schinkel ein Bühnenleben zu geben. Klaus Büstrin
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