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Kultur: Des Fritzens Pläsier

Das 4. Sinfoniekonzert der Kammerakademie Potsdam mit dem Soloflötisten Emmanuel Pahud

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Am Ende des Jubiläumsjahres geistert er noch mal ein bisschen herum, der Alte Fritz mit seiner Flöte. Was in Potsdam eigentlich kein Wunder ist. Ebenso wenig, dass der Nikolaisaal ausverkauft ist, wenn Emmanuel Pahud, hochgeschätzter Soloflötist der Berliner Philharmoniker, auftritt, zumal mit einer Hommage an den Flötenkönig. Pahuds gleichnamiges, bereits vor einem Jahr erschienenes Album stellte Werke aus dem musikalischen Umfeld von Friedrich II. vor. Begleiter war schon dort die Kammerakademie Potsdam.

Im vierten Sinfoniekonzert erklingt nicht nur Friderizianisches – sehr weit reicht die Auswahl allerdings nicht. Den Anfang macht Johann Sebastian Bachs fünftes Brandenburgisches Konzert. Mit hohem Tempo stürzen sich die kammerakademischen Musiker in den Alla-breve-Takt des ersten Satzes, artikulieren Flöte und Violine (Yuki Kasai) ein einvernehmliches Zwiegespräch ohne Wenn und Aber. Der eigentliche Solist des Konzerts, das Cembalo, wartet noch im Hintergrund auf seinen Soloeinsatz, treibt aber schon mit steten Arpeggien das komplexe Geschehen voran. Mancher behauptet sogar, dass dieses Werk im Grunde das erste Klavierkonzert der Musikgeschichte sei. Nur, dass damals eben noch kein solches Instrument existierte.

Wie auch immer, zumindest gehört die Solo-Kadenz, die Johann Sebastian Bach hier dem Cembalo zugedacht hat, zu seinen faszinierendsten Einfällen. Wie elektrisiert versprüht der großartige Cembalist Davide Pozzi auf seinem Instrument immer schnellere silberne Funkenregen, während die anderen Instrumente wie gebannt schweigen. Stramm federnd, von kräftigen Bässen gestützt, erklingt die Gigue im Finale. Mit doppelter Streicherbesetzung wartet das A-Dur-Flötenkonzert von Carl Philipp Emanuel Bach auf, eine Komposition für die Preußische Hofmusik und ein dankbares Werk für die Flöte. In den ersten beiden Sätzen harmonisch wesentlich simpler gestrickt als das Vorgängerwerk, legt das Tutti einen dichten Teppich für virtuose Solopassagen. Emmanuel Pahud erfreut mit samtigen, französisch eleganten, noblen Klangspielen.

Das harmoniert nicht immer mit der bisweilen scharfen und schwergewichtigen Gestik der Kammerakademie, besonders im zweiten Satz, einem tragischen Largo. Stürmisch drängt das unruhige Temperament des zweiten Bachsohns im letzten Satz stellenweise hervor. Nach der Pause bricht mit Ludwig van Beethoven sicht- und hörbar eine neue Zeit an. Nicht nur, dass die jetzt um etliche Bläser aufgestockten Musiker im Sitzen spielen dürfen. Schon der Eröffnungsakkkord seiner ersten Symphonie erschreckte die Zuhörer bei der Wiener Premiere.

Doch im Nikolaisaal lässt sich keiner von dem herben Septakkord irritieren, auch nicht von den folgenden Donnergewittern. Unter der Leitung von Antonello Manacorda wird dynamisch kontrastvoll und präzise ausmusiziert. Unterbrochen von kecken Solopassagen in Flöte, Oboe und Fagott wogt ein kriegerisches Treiben, von Salven der Naturtrompeten angetrieben. Großer Applaus zum Finale – auch der Alte Fritz hätte da zweifellos Beifall gezollt. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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