Kultur: Des Gehörnten edle Haarpracht
Am Donnerstag hat „Der Teufel mit den drei Goldenen Haaren“ im Hans Otto Theater Premiere
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In der dunklen Jahreszeit sehnen sich Menschen nach Geborgenheit und geordneten Verhältnissen, in denen das Gute belohnt und das Böse bestraft wird. Eine klare Vorgabe für Stephan Beer, Theaterwissenschaftler und Regisseur des Weihnachtsmärchens „Der Teufel mit den drei Goldenen Haaren“, das am morgigen Donnerstag Premiere hat und in den kommenden Wochen bis zum 26. Dezember fast 30-mal am Hans Otto Theater aufgeführt wird. Wenn die Großmutter ihrem Enkel, dem durchtriebenen, faulen Teufel dreimal ein goldenes Haar ausreißt, um es dem armen Hans zu geben, der damit endgültig seine Prinzessin bekommt, ist die Welt eindeutig in Ordnung.
Das bekannte Märchen aus der Sammlung der Gebrüder Grimm erzählt die Geschichte vom Erwachsenwerden des jugendlichen Hans. Der soll ein Glückskind sein, verlautet eines Tages ein Eremit, und einmal die Prinzessin und damit den Königsthron bekommen. Denn Hans sei mit einer Glückshaut geboren worden, weiß der alte Mann. „Es war ein alter Volksglaube, dass es Glück bringt, wenn bei der Geburt ein Stückchen Eihaut an dem Kind klebt“, erklärt Beer. Hans und seine Eltern, eine Handwerkerfamilie, sind jedenfalls beeindruckt von der Neuigkeit und der Jugendliche will auch gleich los zum Königshof. Dumm nur, dass der König davon schon gehört hat und nervös geworden ist: Er fürchtet um seinen Thron und will den Konkurrenten gleich aus dem Weg räumen.
Die Mordpläne des vorerst netten Königs erinnern an einen anderen Monarchen, der angesichts eines Kindes sich um seine Macht sorgte: Auch Herodes schickte einst Mörder nach dem kleinen Jesus, weil er sich bedroht fühlte von dem angekündigten neugeborenen König. Und auch das hilflose Jesuskind fand Unterschlupf bei einfachen Leuten, armen Hirten, Randgruppen der Gesellschaft, so wie Hans bei Räubern unterkommt, die ihn letztlich retten. Solche Parallelen zu biblischen oder archetypischen Themen, wie hier ganz passend zur Weihnachtsgeschichte, finden sich häufig in Märchen, sagt Beer.
In der Welt der Gebrüder Grimm herrscht also Recht und Ordnung, wenn am Ende das Gute über das Böse siegt, perfektes Material für die Weihnachtszeit, so Beer. Dass auch die Märchen von Hans Christian Andersen wie das vom Mädchen mit den Schwefelhölzchen ein Happy End erzählen – allerdings nach einem uns heute fremden Verständnis mit einem stark religiösen Aspekt werde oft vergessen, sagt Stephan Beer.
Für die Aufführung im Hans Otto Theater hat Katrin Lange vom Märchen über Hans und den Teufel noch eine eigene Fassung geschrieben, in der sich am Ende herausstellt, dass der Eremit mit seiner Weissagung irrte. Die Botschaft darin: Jeder ist seines Glückes Schmied, Anstrengung, Wagemut und Selbstlosigkeit werden belohnt, und mithilfe des Placeboeffekts aufgrund der falschen Prophezeiung führen die Anstrengungen aber schließlich zum Erfolg.
Und Hans hat einiges zu tun, bevor sich alles erfüllt, wie es sein soll: Nachdem die Räuber aus dem im Brief versteckten Todesurteil des Königs ein Empfehlungsschreiben machen, bekommt Hans die Prinzessin und kann durch seine Charmeoffensive auch ihr Herz gewinnen. Aber der König – zurück am Hof – schickt ihn in den vermeintlich sicheren Tod, zum Teufel in die Hölle. Jetzt muss sich Hans noch einmal beweisen, die Liebe zwischen ihm und der Prinzessin gibt ihm Kraft für das Abenteuer.
So lehrreich, wie das alles ist: Die Geschichte vom Hans, der am Ende natürlich die Prinzessin und den Thron bekommt, zwei Städte und einen Fährmann erlöst und sich des bösen Königs entledigt, ist in erster Linie ein unterhaltsames Theaterstück für die Familie. Selbst die Erwachsenen werden sich mit speziellen Anspielungen und Witzen amüsieren und verzaubern lassen, hofft der Regisseur. Insgesamt sei die Inszenierung eher klassisch mit einem frischen Hauch, wobei es bei der typisch märchenhaften Sprache blieb. „Gegrüßest seist du“, spricht beispielsweise der Eremit zu Hans, es fallen Wörter wie Knabe, Kutsche und Posaunen. Und natürlich gehört zum Teufel eine zünftige Hölle: „Wir haben diesmal einen Pyrotechniker hinter der Bühne. In der Hölle beim Teufel gibt es richtiges Feuer, es knallt und pufft und brennt und ist ein bisschen zum Gruseln“, verrät Beer. Der Teufel ist schließlich die kleine Hauptperson und mit punkig-gelben Haaren und langen Hörnern ist Pier Niemann in dieser Rolle zum Fürchten schön.
Nur fünf Schauspieler stecken in insgesamt 20 Rollen des Stücks – eine Heldenarbeit auch für das Team hinter der Bühne, wo dreimal so viel Personal, Bühnentechnik, Requisite, Licht und Ton, Maske und Ankleide für einen reibungslosen Ablauf sorgten. Dass es nach der zehnten Vorstellung, die ab jetzt fast täglich laufen, für die Schauspieler langweilig werden könnte, befürchtet Beer nicht. „Da kommt so viel zurück, so viel Energie, das motiviert immer wieder neu“, sagt er. Es sei auch keine „Strafarbeit“ gewesen, für ein Märchen besetzt zu werden. „Ein Märchen hat ein bisschen was von einer Komödie. Man kann hier ganz anders spielen, frischer, offensiver, mal viel fetter auftragen“, erklärt der Regisseur. „Wenn dann die Kinder rufen: Hinter dir, hinter dir! – das macht richtig Spaß.“
„Der Teufel mit den drei Goldenen Haaren“ am morgigen Donnerstag um 10 Uhr im Hans Otto Theater. Eintritt: Kinder 5,50 Euro, Erwachsene 11 Euro
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