Kultur: Die „Allerhöchste Person“ macht Eigenwerbung
Ab heute im Neuen Palais: Der Kaiser im Bild – Wilhelm II. und die Fotografie als PR-Instrument
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Ab heute im Neuen Palais: Der Kaiser im Bild – Wilhelm II. und die Fotografie als PR-Instrument Von Klaus Büstrin Am Rande des Neuen Palais wartet „Willis Reisen“ auf Touristen. Zu einer „Kaiser-Tour“ will er sie durch Potsdam führen. Am modernen Bus sind die Konterfeis des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. und seiner Ehefrau Kaiserin Auguste Victoria abgebildet. Das Monarchenpaar wäre mit Sicherheit stolz auf diese Untertanen gewesen, denen solch eine PR für das Herrscherhaus einfiel. Ja , der Kaiser. Er wusste recht gut, wie man für sich Eigenwerbung machen konnte. Die damals noch recht junge Fotografie kam ihm da sehr entgegen. Die Fotografen mussten den Kaiser bei vielen Anlässen aufs Bild bannen, den im glitzernden Kostüm, den ordenbehängten, Helmbusch rauschenden, den kreuz und quer durch sein Land reisenden und redeschwingenden Imperator, der sich gern als modern-expressionistischer Volksführer sah. So tritt er auch in der Ausstellung „Der Kaiser im Bild“ – Wilhelm II. und die Fotografie als PR-Instrument dem Betrachter weitgehend entgegen. Er war, wie man sieht, auch ein Ausstattungskünstler.Vom Design seiner Uniformen, beim Arrangement großer Feste bis zu glanzvollen Paraden, Segelregatten und Kreuzfahrten – er bot seinem Volk und der Welt ein inszeniertes Schauspiel. Gezeigt wird die Schau in den Unteren Roten Kammern des Neuen Palais, das als eines der Lieblingsresidenzen der letzten regierenden deutschen Monarchenfamilie galt. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten veranstaltet diese Ausstellung wieder mit der niederländischen Stiftung Haus Doorn sowie dem Haus Marseilles, dem Fotoarchiv Amsterdam. Als Kurator wirkt Jörg Kirschstein, ein exzellenter Kenner der wilhelminischen Zeit. Das Haus Doorn, die letzte Residenz des Kaisers im Exil, bewahrt tausende Fotografien aus dessen Nachlass auf. Seit 1942, als im Auftrag der Generalverwaltung der Hohenzollern große Teile des Besitzes des Kaisers nach Deutschland transportiert wurden, vermisst man über 6000 Bilder, vor allem auch Aufnahmen aus dem privaten Bereich der Monarchenfamilie. Die Exposition hält auch Inszenierungen parat, beispielsweise die in kostbarem Rahmen ausgestellten Fotos auf den Schreibtischen. Es sind zumeist Porträts des Kaisers als glanzvoller Herrscher, des Exilanten, der seinen Erinnerungen nachhängt oder als Waldarbeiter tätig ist, seiner beiden Frauen Auguste Victoria und Hermine, seiner Kinder, Enkel und Vorfahren. Aber auch Fotos von zahlreichen Reisen. Besonders kostbar sind die beiden Daguerreotypien aus dem Jahre 1845 mit dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm (Friedrich III.) und seine Schwester Luise . Weltweit gibt es von dieser Technik nur fünf Exemplare. Insgesamt sind 210 Fotografien und 20 Alben ausgestellt, 30 Bilder kommen aus der Sammlung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Wilhelm II. war der zu seiner Zeit meist fotografierte und gefilmte Monarch Europas. Das Hofmarschallamt bestellte die Fotografen, die die „Allerhöchste Person“ ablichten durften. Darunter waren damals sehr bekannte: Oscar Tellgmann, Franz Grainer oder Franz Langhammer. Das Marschallamt bestimmte, welche Bilder in die Öffentlichkeit gebracht werden durften, beispielsweise als Postkarten, die dann das Volk bei sich zu Hause auf dem Schreibtisch über dem Bett oder sonstwo aufbewahrte. Der Kaiser war stets anwesend. Und wer ein ganz treuer Untertan war, bekam vom Kaiser ein Foto als Geschenk mit einer Widmung höchstpersönlich. Aber wer „nur“ Wissenschaftler war, der musste auf den Namenszug verzichten. Ausstellung im Neuen Palais, bis 30. 10., Sa-Do 10-17 Uhr, Katalog 25 Euro. Veranstaltung: 14.8. 11 Uhr: Die Fotosammlung Kaiser Wilhelms II. in Huis Doorn. Vortrag und Rundgang durch die Ausstellung mit Liesbeth Ruitenberg.
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