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Zwischen den Häusern. Jutta Götzmann, Direktorin im Potsdam-Museum.

© Andreas Klaer

SERIE ZUR PERSON: Die Baustelle wird zur Schaustelle Hinter den Kulissen

Gespräch mit Jutta Götzmann über den Umbau des Alten Rathauses zum Potsdam-Museum und die Zukunft des Potsdam-Forums

Stand:

Frau Götzmann, wie fühlt man sich als Museumsdirektorin ohne festes Haus?

Ich fühle mich eigentlich recht gut, denn virtuell ist das neue Haus schon vorhanden, das heißt die Planungen zum neuen Museumsstandort haben bereits intensiv begonnen. Bis sie Realität werden, nutzen wir das jetzige Museumshaus in der Benkertstraße oder Partner, wie derzeit das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, wo unsere Jubiläumsausstellung „100 Jahre Kunst ohne König“ als Kooperation mit dem Kunstverein gezeigt wird.

In der öffentlichen Wahrnehmung liegt der Fokus auf dem Alten Rathaus als neues Museumsdomizil ab 2012. Rückt da das Haus in der Benkertstraße nicht auch schon stärker beim Publikum in den Hintergrund?

Im Jahr des Gründungsjubiläums wollen wir das Museum in der Benkertstraße natürlich intensiv bespielen. Derzeit laufen die Planungen für diesen Standort auf Hochtouren. Wir bauen die untere Etage komplett um und eröffnen am 12. August dieses Jahres die Ausstellung „100 Jahre - 100 Exponate“, die den Fokus auf zentrale Objekte unserer Sammlung setzt. In der zweiten Jahreshälfte wenden wir uns einem Projekt im Alten Rathaus zu, bevor es aufgrund zweijähriger Sanierungsarbeiten ab Januar geschlossen wird.

Was wollen Sie ausgerechnet im Alten Rathaus zeigen, das zum Teil schon Baustelle ist?

Nun, das was am nächsten liegt, die Geschichte des Rathauses selbst. Anfang November präsentieren wir das Alte Rathaus und seine wechselvolle Geschichte im Hinblick auf die Architektur und Nutzung in mehr als zwei Jahrhunderten. Ein zweiter Ausstellungsteil widmet sich dem Umbau und der Neuausrichtung des Rathauses als Museumsstandort.

Werden die Potsdamer die Möglichkeit haben, die Sanierungs- und Umbauarbeiten auch in kritischer Form zu begleiten?

Die Meinung der Bürger ist uns wichtig und wir wollen den Umbau zum neuen Museumsstandort möglichst transparent gestalten. Es sind Veranstaltungen geplant, um Meinungen aus der Öffentlichkeit und somit auch das allgemeine Stimmungsbild aufzunehmen. Wir brauchen die Akzeptanz der Potsdamer für ihr „eigenes“ Museum, das sich nun erstmals angemessen präsentieren wird.

Potsdam-Museum und Potsdam-Forum werden ab 2012 gemeinsam das Alte Rathaus betreiben. Was passiert mit den Veranstaltungen des Potsdam-Forums, das jetzt noch im Alten Rathaus arbeitet, wenn das Haus im kommenden Jahr geschlossen wird?

Ende Juni wird die Saalsanierung in der Gedenkstätte Lindenstraße, die zum Potsdam-Museum gehört, abgeschlossen sein. Diesen großen Raum beabsichtigen wir künftig auch intensiv für Veranstaltungen zu nutzen, die zuvor im Alten Rathaus stattfanden. Derzeit prüfen wir zudem die Räume in der oberen Etage der Benkertstraße für eine Veranstaltungsnutzung.

Wird es noch viele Ausstellungen in der Benkertstraße vor dem Umzug in das Alte Rathaus geben?

Wir werden den Aufwand für Ausstellungen in den nächsten beiden Jahren aus pragmatischen Gründen verringern müssen beziehungsweise längere Ausstellungszeiten anvisieren. Die Aufarbeitung der Sammlung wird sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, auch die Koordination konservatorisch-restauratorischer Maßnahmen ist erforderlich. Dennoch brauchen wir attraktiv bespielte Räume – hier gilt es abzuwägen und vorausschauend zu planen.

Ein Kritikpunkt bei der Standortfindung war die Befürchtung, wenn das Museum in das Alte Rathaus kommt, müsse das Potsdam-Forum, das seit Jahren dort arbeitet, deutliche Abstriche hinnehmen. Wie versuchen Sie das zu verhindern?

Durch Personalgespräche versuche ich eine Struktur für die Zusammenlegung von zwei unterschiedlichen Institutionen zu schaffen und Befürchtungen bei Kollegen abzubauen. Das Potsdam-Museum beabsichtigt nicht, das Forum künftig zu „schlucken“. Das angestrebte Museumsmodell sieht vielmehr ein Forum für Kunst, Kultur und Stadtgeschichte vor, um die museale Präsentation durch thematisch abgestimmte Veranstaltungen sinnvoll zu ergänzen. Das Programm muss nur ein deutlich schärferes Profil bekommen.

Welche Veranstaltungen aus dem derzeitigen Programm würden diesem deutlich schärferen Profil nicht mehr entsprechen?

Das kann ich derzeit nicht eindeutig beantworten. Meine Herangehensweise war zunächst, einen Überblick über die Partner und die thematischen Foren zu bekommen, in denen sie Veranstaltungen anbieten, um zu überlegen, wie können möglichst viele integriert werden. Die Foren „Wissenschaft“ und „Europa“ gehören beispielsweise dazu. Intensive Gespräche sind nach erster konzeptueller Arbeit für den Sommer und Herbst geplant. Ob das Alte Rathaus künftig auch für Vereine und Versammlungen zur Verfügung steht, müsste geprüft werden. Weitere Möglichkeiten für Versammlungszwecke ergeben sich aber unter anderem auch durch die Sanierung der Stadt- und Landesbibliothek.

Was bedeutet das für die zukünftigen Veranstaltungen im sanierten Rathaus?

Bisher sind die Veranstaltungen im Alten Rathaus fast gänzlich Fremdveranstaltungen. Unser Ziel ist es, dass die Hälfte davon künftig als Eigenveranstaltungen angeboten werden. Das begrüßen auch die Mitarbeiter des jetzigen Forums, die dann auch selbst Veranstaltungsideen einbringen können.

Herzstück des Potsdam-Museums im Alten Rathaus wird die neue Dauerausstellung sein. Mittlerweise werden Sie einen Überblick über die Sammlungsbestände des Potsdam-Museums gemacht haben. Wie beurteilen Sie die Bestände?

Wir haben umfangreiche kunst- und kulturhistorische Sammlungen mit beachtlichen Zeugnissen zur Stadtgeschichte, zur bürgerlichen Lebenswelt, zur regionalen und zum Teil überregionalen Kunst. Einen Eindruck vermittelt die derzeitige Jubiläumsausstellung. Das Potential ist um ein vielfaches größer als das, was gezeigt werden kann. Die Dauerausstellung werden wir somit in bestimmten Bereichen variieren und aktualisieren können. Aber einen kompletten Überblick über die Sammlungsbestände konnte ich mir noch nicht verschaffen.

Im Kulturausschuss haben Sie davon gesprochen, dass zu Ihren nächsten Aufgaben unter anderem eine Analyse des Sammlungsbestandes gehört? Was verbirgt sich dahinter?

Es geht dabei um die Sichtung und Einschätzung der Bestände für eine EDV-gestützte Inventarisierung. Das ist ein Projekt, das uns die kommenden Jahre beschäftigen wird und eine sinnvolle Planung verlangt. Dabei geht es auch um langfristige Perspektiven, beispielsweise einer Präsentation im Internet. Ich stehe diesbezüglich mit Wissenschaftlern der Fachhochschule Potsdam aus dem Fachbereich der Informationswissenschaft in Kontakt und würde mir eine Zusammenarbeit wünschen.

Das bedeutet, dass die Bestände des Potsdam-Museums derzeit nur auf Karteikarten erfasst sind?

Ja, abgesehen von einem Bestand der Fotosammlung. Das ist aber nicht nur bei uns der Fall, wie mir die Kollegen des Museumsverbandes bestätigten.

Aber der komplette Bestand ist mittlerweile erfasst oder gibt es noch unbekannte Kammern?

Der Bestand der Exponate des Potsdam-Museums ist nahezu komplett erfasst. Wichtig ist aber die Frage, wie umfangreich die Erfassung erfolgt ist. Gibt es nur eine Inventarnummer und die Bezeichnung oder eine detaillierte Beschreibung, alle technischen Angaben und Nachweise über den Erwerb und die Provenienz.

Wenn Ende des Jahre das Alte Rathaus schließt, wie sieht dann Ihre weitere Arbeit im Potsdam-Museum aus?

Ich bin bereits jetzt dabei, mit Partnermuseen Gespräche über mögliche Projekte für 2010 und 2011 zu führen oder auch Modelle für Ausstellungen zu entwickeln, die fremdkuratiert sind oder einen geringen eigenen Arbeitsanteil erfordern. Unsere Arbeit konzentriert sich ab 2010 auf die Zusammenlegung der beiden Einrichtungen, die strukturellen Veränderungen und die Vorbereitung der Dauerausstellung. Für die Neuausrichtung des Hauses möchte ich einen wissenschaftlichen Beirat einberufen und ein Netzwerk aufbauen. Das sind schon eine Menge Aufgaben für die Jahre 2010 und 2011.

Sind Sie auch schon mit den Planungen der feierlichen Eröffnung des Potsdam-Museums im Alten Rathaus 2012 beschäftigt?

Ich muss zugeben, dass ich an die Eröffnungsfeier jetzt noch nicht denke. Zurzeit gibt es einfach andere Schwerpunkte.

Das Gespräch führte Dirk Becker

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Potsdam-Museum

Was auf Potsdams Bühnen geschieht, kann jeder sehen. Was hinter den Kulturkulissen passiert, danach fragen wir im Gespräch – in loser Folge in den PNN.

Jutta Götzmann, geb. 1965, ist promovierte Kunsthistorikerin und Direktorin im Potsdam-Museum.

Jutta Götzmann noch an der Wilhelms-Universität in Münster, als sie ihre erste Stelle im Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte Münster antrat. Seit 1993 arbeitete sie für verschiedene Museen.

Jutta Götzmann hat unter anderem die 29. Europaratsausstellung zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation am Deutschen Historischen Museum in Berlin und die Europaratsausstellung „Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 962 bis 1806“ in Magdeburg kuratiert

Im November übernahm Jutta Götzmann die Leitung des Potsdam-Museums.

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