Kultur: Die besten Drehbücher schreibt das Leben
Mit Frankreich am Set: Meisterregisseur Bertrand Tavernier an der HFF
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Mit Frankreich am Set: Meisterregisseur Bertrand Tavernier an der HFF Der Uhrmacher von St. Paul, Der gekaufte Tod, Auf offener Straße, Ein Sonntag auf dem Lande. Der Name des 1941 geborenen französischen Regisseurs Bertrand Tavernier, der am Freitag an der HFF zu Gast war, hat einen großen Klang. Die Titel seiner Filme hingegen, über die Tavernier auf Einladung des französischen Außenministeriums vor Filmstudenten in Babelsberg sprach, sind im Gegensatz zu seinem Schöpfer weit weniger bekannt. Das mag daran liegen, dass der junge Tavernier als Autodidakt, Filmkritiker für die berühmten Cahier du Cinéma und Regieassistent in die produktive französische Filmszene der Novelle Vague stolperte, dort Ikonen wie Jean-Luc Godard, Claude Chabrol, Francois Truffeau, Philippe Noiret oder Romy Schneider begegnete und bald schon selbst zu diesem Kreis gehörte. Und so erzählt Tavernier auf Englisch mit diesem liebenswerten französischen Akzent von seinen ersten Lehrstunden am Set des herrischen Jean-Pierre Melvilles, der ihm attestierte, „ein lausiger Regieassistent“ zu sein. Tavernier wechselte ins Pressefach und erhielt über diese vielseitige Aufgabe Einblicke in alle entscheidenden Bereiche – und lernte dazu. „Ich habe immer zwanzig Dinge zur gleichen Zeit gemacht“, begann der Altmeister eine ganze Reihe von lehrreichen Tipps, die er an die Studenten richtete, „immer um zu lernen“. Seinen ersten großen Erfolg als Regisseur feierte Bertrand Tavernier mit „Der Uhrmacher von St. Paul“, der erste von drei Spielfilmen mit dem Schauspieler Phillipe Noiret. Er gewann dafür in Berlin 1973 den Silbernen Bären. Harvey Keitel, wäre ein „Super, super, super Schauspieler“. Nur sei er ein Typ von Darsteller, der in der Zusammenarbeit ein wenig anstrengend wäre. Schon morgens hätten den Regisseur 2000 Fragen erwartet. Soll das Hemd aufgeknöpft sein, wenn ja, wie viele Knöpfe und: warum? „Niemals darfst du antworten, dass es egal wäre, weil die Kamera zu weit entfernt ist – niemals“. So lautet eine weitere Lehre für die Studenten, die Tavernier aus dieser Begegnung zog. Was mit Lachen zur Kenntnis genommen wurde. Und Romy Schneider, die mit Keitel in „Der gekaufte Tod“ spielte? „Sie war ein reines Vergnügen, eine beeindruckende Schauspielerin“, blickt Tavernier zurück. In acht Wochen hätte die feinfühlige, als schwierig geltende Diva keinen Drehtag versäumt. Ständig vom Leben zu lernen, das sei das Wichtigste. Denn das Leben schriebe manchmal die besten Drehbücher. Und für die Arbeit als Regisseur? „Fähig sein, den Wunsch zu überraschen und zu verblüffen zu vermitteln“, empfiehlt Tavernier. Matthias Hassenpflug
Matthias Hassenpflug
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