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Kultur: Die besten Solostimmen

Moskauer Kathedral-Chor in St. Peter und Paul

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Moskauer Kathedral-Chor in St. Peter und Paul Sterben und Werden, Sein und Vergeh“n spiegeln sich im traditionellen Kirchenjahr aller Konfessionen wider. Weihnachten und Fastenzeit, die Karwoche, Ostern und Pfingsten stehen auf der Seite des festlichen Werdens und der Erneuerung, dann beginnt bald die Zeit des Vergehens, feuchtkalte Trübnis und Totenklage. Diesen Lebensrhythmus versucht jetzt der 54-köpfige „Moskauer Kathedral-Chor“ mit einer konfessions-übergreifenden „Missa mystica“ gerecht zu werden, welche liturgische Gesänge der Ost- und der Westkirchen aus zwei Jahrtausenden zusammenfasst. Einmal im Jahr ruft Victor Popow die besten Solostimmen Russlands zu einer dreiwöchigen Probe zusammen, dann geht es auf Tournee. Zwischen Magdeburg und Leipzig machte der A-Capella-Chor am Sonntag auch in St. Peter und Paul halt. Links zogen die Frauen und Knaben ein, rechts die 22 Männer, genau so viele, wie das Programm an liturgischen Gesängen aufzuweisen hatte. Verstärkt wurde der Chor durch Mönche aus Sagorsk. Aus drei engelsgleichen Knabenkehlen erklang eingangs das „Vaterunser“ in Griechisch, Latein und Russisch, ein Beitrag zur Ökumene jenseits unvereinbarer Dogmatik. Darauf folgte ein an Kraft und Gefühl ausgewogener Gottesmutterhymnus „im Stil des altrussischen dreistimmigen linearen Chorgesanges“, in seinen Tempiwechsel und den messa di voce sehr eindrucksvoll. Russische Seele – russische Kehle. Gregorianisch die „Geburt Christi“, indes bei „Gott ist mit uns“ die Frauen- und Knabenstimmen dominierten und der Männerchor einfühlsam begleitete. Dieser Teil war Weihnachten gewidmet. „Böser Taten“ wurde zur Karwoche in einem Lied nach dem 9. Kathisma gedacht, der Auferstehung Christi (gregorianisch) zu Ostern. Von geradezu opulenter Vielfalt dann die Totengesänge „Ewigen Gedenkens“, verbunden mit Gotteslob und Seligsprechung, wer sich der „Armen und Elenden“ erinnert. In „Verwirf mich nicht im Alter“ kam zum Ausdruck, was diesen Chor ganz besonders ziert, Vladimir Millers G-Bass-Stimme, mit welcher der Sibiriendeutsche auch solo durch die ganze Welt zieht. Lieder und Gebete zur Kreuzesverehrung bildeten den krönenden Abschluss dieser gutbesuchten Veranstaltung. Spontan und geschlossen dankte das Publikum mit stehenden Ovationen. Chorleiter Popov stand, sichtlich berührt, das Glück im Gesicht. Euphones Konzert oder Liturgie? Das war die Frage. Vielleicht hätte man das Publikum bitten sollen, auf Zwischenapplaus zu verzichten. Einige der Gesänge taten sich, trotz erstklassiger Stimmen in allen Tonlagen, ohnehin schwer, ihren spirituellen Gehalt ausreichend zu offenbaren. Ein dem Kirchenraum unangemessenes Stimmvolumen in den Tutti brachte zwar technisch stets klare, aber nicht immer schöne Töne hervor. Gerold Paul

Gerold Pau

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