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Kultur: Die Bilderlosigkeit Afrikas Südafrikanisches Kino nach Ende der Apartheid

Afrikanisches Kino gilt nicht als besonders angesagt oder modern. Selbst Filmemacher würden oft beklagen, keine afrikanischen Filme zu finden, weil ja keine produziert würde, so leitete Dorothee Wenner, Afrika-Beauftragte der Berlinale, am Dienstag im Filmmuseum die Podiumsdiskussion „When Black & White turned Colour – Südafrikanisches Kino nach dem Ende der Apartheid“ ein.

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Afrikanisches Kino gilt nicht als besonders angesagt oder modern. Selbst Filmemacher würden oft beklagen, keine afrikanischen Filme zu finden, weil ja keine produziert würde, so leitete Dorothee Wenner, Afrika-Beauftragte der Berlinale, am Dienstag im Filmmuseum die Podiumsdiskussion „When Black & White turned Colour – Südafrikanisches Kino nach dem Ende der Apartheid“ ein. „Wenn vom schwarzen Kontinent geredet wird, scheint es um die Bilderlosigkeit Afrikas zu gehen“, sagte Dorothee Wenner. Die Anzahl der Kinos auf dem gesamten Kontinent sei geringer als die Anzahl der Kinos in Berlin und nur 15 Korrespondenten berichten über Geschehnisse in Afrika. Für Wenner liegt in dieser Bilderlosigkeit die Ursache, dass sich die deutsche Öffentlichkeit so wenig für Afrika interessiert.

Mit „Johannesburg Spezial“, einer Reihe von Filmen aus und über Johannesburg, bot das Filmmuseum kurz vor der Fußballweltmeisterschaft eine gute Woche lang Gelegenheit, einen filmischen Blick auf die größte Stadt Südafrikas und damit auch auf das von starken Gegensätzen geprägte Land zu werfen. Zu sehen war eine interessante Auswahl aus verschiedenen Jahrzehnten der südafrikanischen Kinematografie. Angesichts eines Landes, das wegen seiner ethnischen Vielfalt oft als Regenbogennation bezeichnet wird und in dem allein elf gültige Amtssprachen existieren, mag es nicht verwundern, dass „das südafrikanische Kino keine nationale Identität aufweist, sondern eher eine Sammlung verschiedener Teile darstellt“, so Darryl Els, Dokumentarfilmer aus Johannesburg und Kurator von „Johannesburg Spezial“. Die Auswahl reichte vom rassistischen Stummfilm „De Voortrekkers“ (1916), über Streifen aus der Apartheid-Zeit wie „Land apart“ (1975), einem historischen Dokument, das eine Art Diskurs zwischen dem konservativen und dem liberalen weißen Südafrika über die Apartheid-Politik enthält, bis hin zu erfolgreichen Produktionen aus den letzten Jahren. So auch „Tsotsi“, der 2006 als erster afrikanischer Film überhaupt den Oscar für den besten ausländischen Film gewann und der neben „District 9“ noch weiterhin im Filmmuseum gezeigt wird.

Ausgangspunkt der Diskussion war die Frage, ob das Jahr 1994, in dem der ANC die ersten demokratischen Wahlen gewann, eine Stunde Null für den südafrikanischen Film gewesen sei. Die Antworten fielen differenziert aus. Teboho Edkins, südafrikanischer Filmemacher, der momentan in Berlin lebt, wies darauf hin, dass vor 1994 die Finanzierung für südafrikanische Filme von außen kommen musste, gerade in den 80er Jahren jedoch auch wichtige südafrikanische Filme produziert worden seien.

Darryl Els sah das Jahr 1994 indes als Stunde Null für die Filmindustrie. Er erinnerte daran, dass vor 1994 keinem schwarzen Südafrikaner überhaupt möglich war, eine Kamera in die Hand zu nehmen und zu produzieren. Das sei nun natürlich einfacher. Unter filmtechnischen und filmästhetischen Gesichtspunkten finde er den Begriff jedoch schwierig, denn er habe erlebt, dass an der Filmhochschule die Filme von vor 1994 nicht gezeigt und diskutiert wurden. Kein Erbe zu haben, bedeute aber fehlende Kontinuität.

„Eine Kontinuität fehlt uns auch im Sinne von Bevölkerungsmehrheit. Denn ein großer Teil der Bevölkerung in den Townships hat bis 1994 gar keine Filme angesehen“, sagte Ben Khumalo-Seegelken, Theologe und Aktivist, der 1975 Südafrika verlassen musste und Exil in Deutschland fand. Während seiner Kindheit bis 1975 habe er kein einziges Mal ein Kino betreten und erinnere sich an Debatten unter den schwarzen Jugendlichen darüber, dass die Weißen auf die Schwarzen schauen und deren Geschichten erzählen. Bis jetzt, meinte er, sei es noch nicht so, dass diejenigen, die die Geschichten erleben, sie auch schildern und festhalten.

Renate Tenbusch von der Friedrich-Ebert-Stiftung betonte die Bedeutung des neuen Mediengesetzes, das 1996 geschaffen wurde. Vorher war die Beschäftigung von Schwarzen in den Medien verboten. Sämtliche Fernseh- und Radioprogramme des Landes waren ausschließlich aus der Perspektive von Weißen und von ihnen gestaltet. Auf die Frage, was für die Medien im Zuge der anstehenden Fußball-WM im Medienbereich geschehen sei, antwortete sie, dass es dort noch immer zu wenig ausgebildete Fachleute, wie Journalisten, Kameraleute, Techniker, Produzenten gäbe. Trotz des Interesses des Wirtschaftsministeriums an der Entwicklung der Medien existiere kein funktionierendes Ausbildungssystem. Gabriele Zellmann

Gabriele Zellmann

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