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Kultur: Die einfache Gebrauchsform

Die Sammelleidenschaft Siegfried Lachmanns wird mit einer Ausstellung gewürdigt

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Tönerne Töpfe, Teller, Krüge, Schüsseln, Formen, Flaschen und Pfannen „bevölkern“ derzeit das Museumshaus „Im Güldenen Arm“ in der Hermann-Elflein-Straße. Der Potsdamer Ausstellungsgestalter und Grafiker Siegfried Lachmann stellt seine umfangreiche Sammlung erstmals der Öffentlichkeit vor.

Der Reiz alter Handwerkskunst – durch den Zweck eine bestimmte Form in schlichter Weise schön gestaltet – wirkt gerade bei den Töpferwaren sehr stark. Aber auch das Zufällige spricht an, die durch Handarbeit bedingten, bei immer wiederkehrenden Grundformen doch vorhandenen Abwandlungen. Auch die beim Malen entstehenden Varianten, die in der Ofenglut ausbrennenden Farben und Glasuren faszinieren.

All jene Gefäße, die von den Töpfern in alter Handwerkskunst gefertigt wurden, sollten nicht als schmückendes Kunsthandwerk ihren Zweck erfüllen. Es waren schlicht und einfach tägliche Gebrauchsgegenstände. Vor allem wegen ihrer ausgewogenen, in Jahrhunderten gewachsenen und doch täglich erprobten Formen wird heute so mancher Sammler angeregt, alte tönerne Gefäße nicht nur mehr oder minder dekorativ aufzustellen, sondern sie tatsächlich in Gebrauch zu nehmen.

Welchen Topf, Krug oder Schüssel würde Siegfried Lachmann benutzen? Die Auswahl wäre gar nicht so einfach, denn schließlich geht seine Sammlung von alten Töpferwaren mit einfachen bäuerlichen Formen ins Hundertfache. Interessiert haben ihn, wie er selbst sagt, stets die einfachen Gebrauchsformen

„Geprägt wurde ich offensichtlich schon als Kind durch die Töpfe, Krüge, Pfannen, Flaschen und Schüsseln aus Keramik im Haus meiner Großeltern im Spreewald. Mit Unterstützung von Vater und Mutter und durch die langjährige gestalterische Tätigkeit im Potsdam Museum wurde meine Sammlerleidenschaft intensiver“, schreibt Siegfried Lachmann im Katalog, der zur Ausstellung erscheint.

Jeder freie Raum in der Wohnung wurde und wird genutzt, um die Töpfe unterzubringen. Vor allem auf Flohmärkten findet der Sammler die Gefäße, nicht nur in Deutschland, auch auf seinen Urlaubsreisen nach Dänemark, Frankreich, Spanien oder Österreich. Er kriegt es wohl kaum fertig, an einem Verkaufsstand vorüberzugehen, wo er er ein besonders schönes Stück Töpfer-Arbeit entdeckt. Auch Schutthalden sind vor ihm nicht sicher. Aber wo nur die Töpferwaren zu Hause unterbingen? Das große Sammlerherz schlägt jedoch sehr heftig. Und schon hat Siegfried Lachmann das Gefäß erworben oder ausgebuddelt. Die großen und kleinen Arbeiten aus den verschiedenen Töpferzentren findet der Besucher in der Ausstellung. Aus dem niederschlesischen Bunzlau, aus Thüringen, der Oberlausitz oder aus dem Fläming stammt das meiste Braunzeug her, aus dem Rheinland das salzglasierte Steinzeug. Lachmanns Sammlung vereint Stücke aus dem 19. und dem beginnenden 20. Jahrhundert, nicht nur aus Deutschland.

Wie bei jedem ernsthaften Sammler üblich, hat auch Siegfried Lachmann, der in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag feiert, die Gefäße fotografiert und inventarisiert. Da in früherer Zeit der Töpfer beispielsweise das Braunzeug nicht signierte, ist es oftmals schwierig, herauszubekommen, woher es stammt. Eine Bestimmung kann lediglich durch die Form, die Glasur und die Scherbe erfolgen.

Auch die Gusseisengefäße und die Glasflaschen, die in der Schau zu sehen sind, sind von dem Katalogisieren betroffen. Auch die drei Kästen mit den Bierflaschen aus der frühen Zeit der DDR ?

Jedes Gefäß in dieser Ausstellung ist ein Unikat. Und Siegfried Lachmann achtet sorgsam darauf, dass ihnen nichts zuleide getan wird. Für ihn gilt der alte Töpferspruch „Aus Erd und Ton bin ich gemacht, wer mich zerbricht, der Töpfer lacht“ nicht. Der Vers erinnert an die Vergänglichkeit des empfindlichen Tongeschirrs, die den damaligen und heutigen Handwerkern das Brot sichert, den Sammlern das Auffinden von Gefäßen jedoch schwer macht. Lachmann hat dafür aber ein sicheres Gespür. Und so hat er ein interessantes Stück Kulturgeschichte von Braun- und Steinzeug zusammengetragen, die den einfachen Formen huldigt. Einen nicht unwesentlich Anteil hat daran seine Frau, Karin Bauer, die sich von der wunderbaren Sammlerleidenschaft ihres Mannes anstecken ließ.

Museumshaus „Im Güldenen Arm“, Hermann-Elflein-Straße, Eröffnung 16. Juli, 11 Uhr

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