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Kultur: Die Farbe Rot

Barbara Raetsch zeigt Bilder in ihrer Atelierkapelle auf Hermannswerder

Stand:

Barbara Raetsch zeigt Bilder in ihrer Atelierkapelle auf Hermannswerder Eine Venezianerin wäre Barbara Raetsch genannt worden, hätte sie während der Renaissance in Italien gelebt. Denn in dem schwelenden Widerstreit von „disegno e colore“, zwischen Zeichnung und Farbe würde man die Malerin ohne Zweifel auf Seiten jener Künstler der Lagunenstadt gefunden haben, die gegen ihre florentinischen Gegner den Prozess und die Farbe als wichtigste Momente aller Malerei ansahen. Aber nicht nur diesen, für das Schaffen von Barbara Raetsch keineswegs neuen Unterschied kann der Besucher in der Atelierkapelle auf dem Hermannswerder vor jüngst entstandenen Bildern und Zeichnungen nachvollziehen. Das eigentlich Neue ist anderes und zweierlei. Die Ausstellung in der Folge von regelmäßig in Frühjahr und Herbst wiederkehrenden Schauen, ist mit einem für diesen Ort beinahe spröde klingenden Titel überschrieben: „Klostergelände Lehnin“. Neu ist auch, dass Barbara Raetsch das erste Mal ohne ihren Mann ausstellt. Und doch hat dies viel mit Karl Raetsch zu tun. Am 2. Mai des Jahres verstarb der Maler im Hospiz in Lehnin. 16 Tage lang war Barbara Raetsch zuvor über das Gelände des ehemaligen Zisterzienserklosters gegangen. Man ahnt, dass sie Skizzenbuch und Stift zur Hand hatte. Während dieser Zeit füllten sich die Seiten mit Toren und Kapellen, mit Mauern und auch mit Frühlingsblumen. In den Sommermonaten entstanden im Atelier so schnell wie selten die gut 15 gezeigten Bilder. Man kann dies eine Therapie nennen. Denn während des Arbeitens haben Erinnerungen und Gedanken die Malerin begleitet: „Ich war nicht einsam, denn ich malte“. Und dass sie im Malen auch ein gutes Stück Trauerarbeit leistete, lässt das Brustbild „Kalle“ vermuten. Je links und rechts eine blühende Lilie, dazwischen das im Licht entschwindende Gesicht, Oberkörper sowie Hintergrund sind mit einem pastos gemalten, dunklen Rot zugedeckt. Ein anrührendes und stilles Epitaph für den Maler. Bemerkenswert ist, dass Barbara Raetsch mit den ausgestellten Arbeiten zudem weiter in ihrer Entwicklung der farbintensiven Bilder gegangen ist. Schon auf ihren wenig älteren Leinwänden strebte sie einer Abstraktion landschaftlicher Motive und einer immer reduzierteren Bildsprache entgegen. In den jüngst geschaffenen Arbeiten ist die Reduktion weiter gegangen, scheinen die drei gotische Torarkaden aus schwarzen Umrisslinien während der „Dämmerung“ vor dem Hintergrund zu schweben, der keinerlei räumliche Orientierung erlaubt. Und doch gibt es Tiefe, Weite und Höhe. Die Malerin hat sie aus der in vielen Schichten durchgearbeiteten, roten Farbe gewonnen. Auf den meisten Bildern herrscht ein Rot in vielfachen Schattierungen vor.Rot, so sagt man, sei die Frabe der Liebe Götz J. Pfeiffer Bis 28. November in der Atelierkapelle Raetsch auf Hermannswerder, geöffnet Sa, So 11-17 Uhr.

Götz J. Pfeiffer

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