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Der Erinnerungsschatz. Das Filmmuseum zeigt Fotos der Ufa-Schauspielerin Carola Höhn.

© Manfred Thomas

Kultur: Die Fotos einer schönen Frau

Neue Foyerausstellung über die Ufa-Schauspielerin Carola Höhn im Filmmuseum Potsdam

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In einem palastähnlichen Hotel am Berliner Kurfürstendamm empfing Carola Höhn den Besucher im Februar 1994 in ihrer Suite. So wie sie mir am späten Vormittag entgegenkam, dachte man zunächst an eine englische Lady: elegant gekleidet, die Haarfrisur aufgepeppt, als ob bereits der nächste Kameratermin für neue Publicity-Fotos auf sie wartete. Die Schauspielerin umgab eine ganz eigene Aura. Freundlich, offen, herzlich begegnete sie ihrem Gegenüber. Natürlich konnte und wollte sie wohl so manche Schauspieler-Allüre nicht verbergen. Doch der Weg zu einem Film- und Fernsehstar hat mit harter Arbeit zu tun. Das hat sie immer wiederholt und kundgetan: „Die Schauspielerei ist für viele junge Leute ein Traumberuf. Man benötigt dafür natürlich Talent, aber auch unendlich viel Geduld und Disziplin“, erzählte Carola Höhn. Die in München beheimatete Schauspielerin gastierte im Theater des Westens in Berlin und spielte mit großem Erfolg die Mrs Higgins im Musical „My fair Lady“. Mehrere Jahre stand sie in dieser Rolle auf der Bühne. Die Ausstrahlung Carola Höhns wurde nicht nur durch die imposanten Hüte sichtbar, sondern vor allem durch ihre schauspielerische Kunst mit den vielen Nuancen und der edlen Erscheinung. Damals war sie gerade 84 geworden, elf Jahre später, 2005, starb sie in München-Grünfeld.

Eine Fotogalerie im Filmmuseum Potsdam erinnert ab heute an Carola Höhn. Es sind vor allem Porträts, die zu Werbezwecken entstanden, Szenenfotos aus Filmen, Fotografien von Begegnungen mit Freunden, Bekannten sowie Kolleginnen und Kollegen. „In einem großen alten Koffer wurden die Bilder bei Transit Film GmbH München aufbewahrt, die den Erinnerungsschatz aus dem Nachlass der Schauspielerin erworben haben“, sagt Guido Altendorf, der Kurator der Kabinettsausstellung, der man den Titel nach ihrer gleichnamigen Autobiografie „Fange nie an aufzuhören ...“ gab. Als Dauerleihgabe sei der Koffer und sein wertvoller Inhalt dem Filmmuseum übergeben worden. Mit der Schau soll die Erinnerungsreihe an Stars der Ufa und Defa fortgeführt werden. „Wenn man solche Schätze erhält, wie wir sie in diesem Koffer fanden, will man die Besucher an der Freude teilhaben lassen.“

Carola Höhn avancierte von einer Verkäuferin in einem Bekleidungshaus für Herrenmode zu einer Theaterschauspielerin, von einem Fotomodel zu einem Filmstar. Zunächst verpflichtete man sie in kleineren Rollen in Stummfilmen. Als Carola Verdi. Der Ufa-Filmdirektor hatte ihr den Namen vorgeschlagen, denn mit ihm käme man gewiss in der Filmbranche weiter. Ein Stummfilm mit ihr unter diesem Namen wird heute nach der Ausstellungseröffnung gezeigt: „Der lebende Leichnam“ von 1929, der in deutsch-sowjetischer Koproduktion entstand.

„Wir sind nun Herr des deutschen Films“ verkündete 1933 Propagandaminister Joseph Goebbels. Die Nationalsozialisten haben auch die Ufa in Neu-Babelsberg an sich gerissen und bestimmten, welche Filme gedreht wurden und wer in ihnen mitspielte. Der Schwerpunkt lag beim Unterhaltungsfilm, der häufig instrumentalisiert wurde, um das zahlreiche Kinopublikum an die NS-Ideologie heranzuführen. Auch Carola Höhn gehörte in den zwölf Jahren nationalsozialistischer Diktatur zu den gut beschäftigten Stars – mal mehr, mal weniger. Der Auftakt für eine große Filmkarriere gelang ihr 1934 mit „Ferien vom Ich“. Danach stand sie noch 33-mal vor der Kamera. Vor allem in den Ateliers in Neu-Babelsberg wurde gedreht. „Meist bin ich mit meinem roten Opel Cabrio zur Ufa gefahren. Dies sollte sich aber während des Krieges ändern. Mein Auto wurde requiriert. Ich habe es nie wieder gesehen“, erzählte Carola Höhn im Berliner Hotel. Auch sie musste sich der Truppenbetreuung deutscher Soldaten im Ausland stellen. Über die nationalsozialistischen Verbrechen sprach Carola Höhn während unseres Gesprächs vor 22 Jahren nur ganz kurz. „Wenn ich es doch nur geahnt hätte, welche schrecklichen Untaten die Nazis begingen ...“ War diese Aussage Naivität oder Verdrängung? 1945 spielte sie jedenfalls wieder des Öfteren auf der Theaterbühne in Berlin oder in München, auch Film und Fernsehen boten ihr Rollen an. So stand sie im Synchronstudio und lieh etwa Ava Gardner, Katherine Hepburn, Maureen O'Hara ihre Stimme.

Mit der Kabinettsausstellung einer bis ins hohe Alter schön anzusehenden Frau rückt das Filmmuseum eine Schauspielerin in den Fokus, die fast ein ganzes Jahrhundert mit ihrer Kunst das widersprüchliche Film- und Theaterleben belebte, die dem Nationalsozialismus loyal gegenüber stand. Diese Haltung teilte sie mit vielen ihrer Zeitgenossen.

Carola Höhn: Fange nie an aufzuhören, Foyerausstellung und Filme, vom 11. März bis zum 8. Mai 2016 im Filmmuseum Potsdam; Eröffnung heute um 19 Uhr mit Filmvorführung ab 17 Uhr „Der grüne Kaiser“.

nbsp;Klaus Büstrin

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