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Kultur: Die fragile Macht der Mächtigen
Heute stellt Boris Reitschuster sein Buch „Der neue Herr im Kreml? Dimitrij Medwedew“ in Potsdam vor
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Die Schnelligkeit verblüffte. Kaum war Dimitrij Medwedew zum neuen russischen Präsidenten gewählt worden, war noch nicht einmal vereidigt, erschien schon das Buch zum unbekannten Putin-Nachfolger. „Der neue Herr im Kreml? Dimitrij Medwedew“ heißt das Buch von Boris Reitschuster, dass so verblüffend schnell und tagespolitisch aktuell auf den deutschen Buchmarkt kam. Heute stellt Boris Reitschuster sein Buch in Potsdam vor.
Auch wenn es der Titel „Der neue Herr im Kreml? Dimitrij Medwedew“ vermuten lässt, Reitschuster hat keine reine Biografie über den neuen mächtigsten Mann in Russland geschrieben. Er zeichnet ein scharf umrissenes, klares Bild von den Machtverhältnissen in Russland, liefert dabei eine Analyse, wie aus dem anfangs so konturlos wirkenden Putin, dem der „Charme eines getrockneten Haifisches“ nachgesagt wird, der mächtigste Mann im Staate werden konnte, in dessen Hände sämtliche Fäden zusammenlaufen. Putin „verwendet eine Mischung aus modernisierten autoritären Methoden und demokratischen Fassaden, setzt mehr auf Manipulation als auf Repression, mehr auf Konsumwahn denn Unterdrückung“, schreibt Reitschuster. Doch zur Nagelprobe des Putinschen Machtstrebens wurde die Verfassung. Mit ihr sind nur zwei vierjährige Amtszeiten hintereinander als Präsident möglich. Wenn in Westeuropa auch viel Unklarheit über die Verhältnisse in Russland herrscht, so viel dürfte den meisten jedoch klar sein: Von einer Verfassungsregel lässt sich Putin kaum von seinen politischen Zielen abbringen. So bleibt die Frage, wie mächtig dieser Dimitrij Medwedew, russischer Präsident durch Putins Gnaden, wirklich ist.
Um das zu beantworten, vertraut Reitschuster auf die eigene Recherche. Das er dabei auf Mauern des Schweigens, dicker als die des Kremls stieß, gehört zu den Alltagserfahrungen eines kritischen Auslandskorrespondenten in diesem Land. Gewalt auch. „Ich wurde von Polizisten attackiert, geschlagen, absichtlich mit dem Auto angefahren, festgenommen“, schreibt er im Vorwort zu „Der neue Herr im Kreml? Dimitrij Medwedew“.
Boris Reitschuster hat für verschiedene Presseagenturen aus Russland berichtet, seit 1999 leitet er das Moskauer Büro des Magazin „Focus“. Der 37-Jährigen hat neben „Der neue Herr im Kreml? Dimitrij Medwedew“ drei weitere Bücher über Russland, darunter zwei hoch gelobte über Wladimir Putin geschrieben. In „Der neue Herr im Kreml? Dimitrij Medwedew“ zeigt Reitschuster, dass Medwedew „weit mehr hergibt als eine langweilige, pflichtschuldige 08/15-Biografie“. Kann Medwedew dem Mann vielleicht doch gefährlich werden, der ihn ins Amt hob und noch immer im Hintergrund die Fäden zieht?
Wer Reitschusters Bücher kennt, weiß, dass sich hier ein Experte zu Wort meldet, der kritisch, scharf und pointiert analysiert. Das allein schon verspricht einen bereichernden Abend im Truman-Haus. Vor dem aktuellen Hintergrund des Gasstreites zwischen Russland und der Ukraine jedoch gewinnt diese Veranstaltung noch mehr an Bedeutung. Dirk Becker
Lesung und Diskussion mit Boris Reitschuster heute, 19 Uhr, im Truman-Haus, Karl-Marx-Straße 2, Nähe S-Bahnhof Griebnitzsee. Der Eintritt ist frei
Dirk Becker
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