Kultur: Die Frau am Pult
Catherine Rückwardt dirigiert Sinfoniekonzert im Nikolaisaal
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Catherine Rückwardt dirigiert Sinfoniekonzert im Nikolaisaal Sieben Sätze – sieben farblich voneinander abgesetzte Klangbilder erklingen in den „Planeten“. Der Engländer Gustav Holst (1874-1934) komponierte diese Orchestersuite in den Jahren nach 1913. Er wurde durch Gespräche mit einem Freund über die unterschiedlichsten astrologischen Charaktere der Planeten zu dem wirkungsmächtigen Werk inspiriert. Heute gehören „Die Planeten“ zum Pflichtprogramm eines jeden Dirigenten. Und natürlich jeder Dirigentin. Catherine Rückwardt gehört schon seit gut 20 Jahren zu dieser Zunft, die immer noch von ihren männlichen Kollegen weitestgehend präsentiert werden. Dass sie von manchen Zuhörern als Exoptin in diesem Beruf gesehen wird, daran hat sich Catherine Rückwardt schon lange gewöhnt. „In Mainz, wo ich ein Engagement habe, ist man mit einer Frau am Dirigentenpult vertraut geworden, bei Musikern udn beim Publikum.“ In dieser Stadt am Rhein ist sie seit vier Jahren Generalmusikdirektorin des Philharmonischen Orchesters. Das Konzertpublikum kennt und schätzt sie dort vor allem als eine Musikerin, die Zeiten überbrückende Bögen in Programmen schlägt: Neben Musik aus der Vergangenheit konfrontiert sie diese mit den musikalischen Sprachen von heute. Auch darum ist sie gern der Einladung des Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt (Oder) gefolgt, das Sinfoniekonzert am Sonnabend im Nikolaisaal, 19.30 Uhr, zu dirigieren. Neben Holsts sinfonischer Dichtung, in der der Frauenchor der Potsdamer Kantorei mitwirkt, sind weitere Klassiker der Musik des 20. Jahrhunderts zu hören: György Ligetis „Atmosphéres“ und William Waltons Bratschenkonzert. Als Solistin ist die Japanerin Nobuko Imai zu hören. Das Ligeti-Werk von1961 „konfrontiert den Hörenden mit Klanggebirgen, deren Schönheiten einer entrückten Zeit zugehören scheinen“. Walton, der als „Grand Old Man“ der englischen Musik bezeichnet wird, hat sich in seinem Konzert(1929) der Romantik zugewandt. „Ja, bei diesen verschiedenen kompositorischen Handschriften könnte das Konzert im Nikolaisaal ein äußerst spannendes werden“, sagt Catherine Rückwardt. Sie hofft, dass die Musik auch Menschen zwischen 25 und 50 anspricht, denn sie stellt immer wieder fest, dass diese zu selten im Konzertsaal zu finden sind. Darum ist sie mit ihrem Orchester in Mainz unentwegt dabei, für Kinder und Jugendliche Konzertprogramme zu gestalten, damit rechtzeitig ein Publikum für klassische Musik herangezogen wird. Catherine Rückwardt ist nicht so oft, wie die meisten ihrer Kollegen, auf Konzertreisen. Sie will als musikalische Chefin des Opernensembles und der Philharmonie den größten Teil der Spielzeit am Stammhaus wirken. Die in Los Angeles Geborene, studierte in Deutschland Musik. „Ich bin als Dirigentin eine typische Quereinsteigerin. Ich studierte Klavier und Violine, arbeitete als Repetitorin. Die eigene Interpretation von Musik hatte mich schon lange interessiert. Und darum war es für mich klar: ich werde Kapellmeisterin. Zunächst war ich in Bremen, dann in Frankfurt (Main).“ Die Frage, was das Besondere an einer Dirigentin sei, hat Catherine Rückwardt fast erwartet. Sie antwortet, ohne zu überlegen: „Frauen am Dirigentenpult achten vor allem auf die Sozialisation, auf den inneren Zusammenhalt in einem Orchester.“ Der Frack, den ein Dirigent bevorzugt, ist auch für sie eine ideale Konzertkleidung. „Darin kann man sich am besten bewegen. Und genügend Bewegungsfreiheit braucht man schließlich auch bei solch einem anspruchsvollen Programm wie im Nikolaisaal.“ Klaus Büstrin
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