Kultur: Die große Herausforderung geglückt
Das Orchester der Universität, die Sinfonietta Potsdam, im Nikolaisaal
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Halbzeit im Mozartjahr – und schon fühlen sich viele übersättigt von der Musik des Jahresregenten, zumal wenn sie in mittelmäßigen Interpretationen dargeboten wird. Montag gab das Orchester der Universität, die Sinfonietta Potsdam, im Nikolaisaal ein Mozart-Konzert.
Nun könnte man meinen, ein Klangkörper, in dem ausschließlich Laien mitwirken, würde auf die Zuhörer wenig inspirierend wirken, weil nicht alle spieltechnischen und musikalischen Wünsche erfüllt werden können. Aber weit gefehlt: Man erlebte ein Konzert vom Feinsten. Es hat vor allem an das unkonventionelle Programm gelegen. Der künstlerische Leiter und Dirigent Prof. Kristian Commichau hat neben Mozarts Sinfonia Concertante in Es-Dur KV 365 für Violine und Viola zwei Werke zeitgenössischer russischer Komponisten ausgewählt, von Alfred Schnittke „Mozart á la Haydn“ sowie Alexander Raskatows „Fünf Minuten aus dem Leben von W.A.M.“.
Mozart zu spielen, bedeutet für alle Musizierenden – nicht nur für Liebhaber – in puncto Stilsicherheit eine große Herausforderung. Die Sinfonietta Potsdam wusste darin zu überzeugen und spielte mit beachtlichem Vermögen die Sinfonia Concertante, ein anmutiges und vitales Werk, das nicht nur mit heiteren Stimmungen, sondern auch mit tragischen Tönen aufwartet. Sicherlich hat Commichau intensiv mit den Musikern hierfür gearbeitet, doch das fast zehnjährige Wirken zwischen Dirigent und Instrumentalisten hat sehr erfreuliche Leistungen zuwege gebracht. Die Fülle musikalischer Gedanken und kontrastierender Stimmungen werden in dem Mozart-Stück vor allem von den beiden Soli, die von den Mitgliedern der Kammerakademie Potsdam, Renate Loock, Violine, und Christoph Starke, Viola, gespielt wurden. Beide entschieden sich für eine natürliche Darstellung ihrer Parts, sensibel und tonschön.
Alfred Schnittke hat auf Anregung des Geigers Gidon Kremer eine „Moz-Art“-Werkreihe komponiert, die sich auf Mozarts Pantomime KV 416d bezieht. Von dem Stück Mozarts ist nur die Stimme der ersten Violine erhalten. Schnittke hat diese Grundidee mehrfach aufgegriffen und sie humorig mit seinen musikalischen Mitteln ergänzt. Im Nikolaisaal spielte die Sinfonietta „Mozart á la Haydn“. Das wegen seiner unterschiedlichen Verfahrensweise im musikalischen Ausdruck sicherlich für Laienmusiker nicht leicht zu bewältigende Opus wurde mit lustvollem Engagement vorgetragen, auch von den beiden Geigensolisten Thomas Kretschmer und Judith Wolf von der Kammerakademie. Das gilt auch für die kurze Raskatow-Piece, die ebenfalls aus dem Geiste Mozarts entstand und in ihrem Ausdruck ganz heutig ist. Nach diesem Stück wurden das Orchester, der Solist Thomas Kretschmer sowie Kristian Commichau von den Zuhörenden, wie bei allen anderen Werken, herzlich gefeiert. Man spürte an diesem Abend: Die Sinfonietta hat sich über die Jahre hinweg zu einem wesentlichen Kulturfaktor dieser an musikalischen Ensembles nicht armen Stadt entwickelt. Klaus Büstrin
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