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Kultur: Die Idylle trügt

Peter Rohn zeigt seine Bilder aus fast 40 Jahren im Alten Rathaus

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Peter Rohn zeigt seine Bilder aus fast 40 Jahren im Alten Rathaus Peter Rohns Bilder sind auch Zeitgeschichte, erzählte Zeitgeschichte. Natürlich gibt es bei ihm die romantischen Straßen und Landschaften, in denen man gern spazieren geht, sich wohlfühlt. Doch Vorsicht, die Idylle trügt oft, denn da findet man auf dem Bild eine Szene, die zumindest einen kritischen Punkt berührt. Mit seiner Kunst wusste und weiß Peter Rohn sein Unbehagen oder seine bissige Ironie über so manch unerfreuliche Erscheinungen nicht hinter’m Berg zu halten. Genau Dinge zu betrachten und sie in aller Klarheit mitzuteilen, das ist die Devise des Malers, Grafikers und Fotografen. Die aktuelle Ausstellung Peter Rohns, die gestern im Alten Rathaus eröffnet wurde, ist eine Art Retrospektive. Größtenteils Gemälde findet man in den Räumen, in denen der Künstler schon so lange nicht mehr ausgestellt hat. Nun endlich, in diesem Jahr zu seinem 70., fasste man in Potsdam zwei Personalausstellungen ins Auge. Und realisierte sie. Den Sommer über stellte Rohn seine zumeist heiter gestimmten Werke in Sanssoucis Römischen Bädern aus. Nun kurz danach die Schau in dem von der Stadt verantworteten Alten Rathaus. Als jemand, der seit Jahrzehnten meint, das Werk dieses Künstlers gut zu kennen, war überrascht, dass ihm so manches Bild bisher nicht vor die Augen kam. Auch diejenigen, die zu DDR-Zeiten entstanden sind. Über die Auswahl von Kunstwerken für repräsentative Ausstellungen in der DDR wachte eine Jury. Auch Rohn musste seine Werke selbstverständlich vorstellen. Doch oftmals, vor allem in den letzten Jahren „sozialistischer“ Realität, wurde ihm unmissverständlich bedeutet: Wir brauchen diese Bilder nicht. Und so mussten die meisten im Atelier auf andere Zeiten warten. Allerdings bis 2004! Es ist nun eine Freude, in die eindrucksvolle Bilderwelt des Künstlers, der in Dresden geboren wurde, in Leipzig und in seiner Heimatstadt studierte, seit 1960 in Potsdam lebt und arbeitet, sich hinein zu begeben. Man spürt, dass ihm die Stadt an der Havel mit ihrer so widersprüchlichen Geschichte nicht gleichgültig ist. Da ist das Bild „Vor der Maifeier“ aus dem Jahre 1969: am Brandenburger Tor wurde eine Tribüne für Funktionäre gebaut. Darüber, auf dem Tor, drohen martialische Militärsymbole - ein Hinweis, dass Soldatenstiefel den noch stillen Platz zur Maifeier beherrschen werden. Bewegend das Bild „Meierei“ (1991): im Mittelpunkt: der „Antifaschistische Schutzwall“ am Neuen Garten. Das Kunstwerk ist nach der Wende entstanden – gegen das Vergessen. Rohe „Kinderspiele im Neubaugebiet“ (1972) erlebt man in der Ausstellung neben fröhlichem Stadtleben beim „Rummel auf dem Alten Markt“. Im Hintergrund grüßt noch die Ruine des Turms der Garnisonkirche. Atmosphärisch dicht sind die „Nachtbilder“, in denen der Künstler die Tristesse der Straßen mit dem Licht des Mondes, der Laternen, Straßenbahnen oder Autos einfängt. Am bekanntesten ist „Der weiße Trabant“ geworden, der in einer stillen Straße auf seinen Besitzer wartet. Das Leben in der „neuen Zeit“ wird in Rohns Bildern ebenfalls kritisch befragt: die Autogesellschaft, die allmächtige Werbeindustrie. Oder die Häuser, die kurz vor dem Abriss stehen. Auf einem dieser Gemälde zitiert der Künstler ein Idyll eines mittelalterlichen Bildes: das Leben wächst immer wieder neu, auch dann, wenn man meint, es gäbe keine Hoffnung mehr. „Paradiesgärtlein“ nennt auch Peter Rohn dieses im Jahre 2000 in Wittenberge entstandene Gemälde. Klaus Büstrin Bis 5. 12., Altes Rathaus, Katalog.

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