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Preußens Eros? Emma Dernburg-Seliger gemalt von Max Slevogt im Jahr 1928.

© dpa

Kultur: Die Inszenierung des Weiblichen 50 Frauenporträts aus Brandenburg-Preußen

Sie werden sich gehasst haben. Friederike Luise, Königin von Preußen, die unglückliche Frau Friedrich Wilhelms II.

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Sie werden sich gehasst haben. Friederike Luise, Königin von Preußen, die unglückliche Frau Friedrich Wilhelms II., und dessen Mätresse Wilhelmine von Enke. Jetzt hängen sie sich auf farbenfrohem Untergrund gegenüber und müssen sich noch bis zum 2. Januar in die Augen sehen. Lauter solch kleine Geschichten verbinden die 50 ganz unterschiedlichen Frauenporträts, die in der gestern eröffneten Ausstellung „Preußens Eros – Preußens Musen“ im Haus der Brandenburgisch Preußischen Geschichte (HBPG) zum Themenjahr 2010 „Mut und Anmut“ zu sehen sind.

Die Kuratoren Sven Kuhrau und Isabelle von Marschall haben damit auch eine Gattungsgeschichte des Frauenporträts geschrieben. Vom ältesten Bild der Ausstellung, das Sophie Charlotte, die Kurfürstin von Brandenburg, als barocke, ideale Schönheit zeigt, bis hin zu den fotografierten Selbstporträts von Marta Astfalck-Vietz, die unterschiedliche Facetten der „Neuen Frau“ der 1920er Jahre festhält. Die Sammlung umfasst Bilder von Frauen und Künstlern, die zumindest einige Zeit in Preußen gelebt haben, darunter bekannte Persönlichkeiten des preußischen Hofes, aber auch unbekannte, wie etwa die Blumenverkäuferin Luise Engel, deren Schönheit den Bildhauer Christian Daniel Rauch einst verzauberte.

Anders als auf Männerporträts gibt es auf den Frauenbildern keine eindeutigen Hinweise auf die gesellschaftliche Stellung, beispielsweise durch Orden. Im Gegenteil: Accessoires, Posen und Perspektive können den Betrachter sogar auf die falsche Fährte locken. So gibt es Gemälde von Bürgerlichen, die als Adelige porträtiert sind, oder Werke, in denen Alter und Zerbrechlichkeit statt dem Ideal der Schönheit gezeigt wird. Ehrbare Ehefrauen inszeniert als Geliebte, Tänzerinnen gemalt wie Königinnen, Mätressen als ehrbare trauernde Witwen, Künstlerinnen als Engel und gefakte Selbstporträts.

Dass diese Möglichkeit der Inszenierung oft sogar bewusst genutzt wird, dafür ist die zweite Frau des Dichters Gerhart Hauptmann Beispiel. Sie galt als Meisterin der Selbstdarstellung. Das wird auch auf dem Gemälde von Dora Hitz sichtbar, das sich stilistisch sowohl an der Wiener Sezession und dem Stil von Gustav Klimt orientiert, als auch an der englischen Porträtkunst des 18. Jahrhunderts.

Während sich das untere Stockwerk des HBPG Werken vom Barock bis zum 19. Jahrhundert widmet, setzt sich im oberen Geschoß die Porträtgeschichte des 20. Jahrhunderts bis hin zu Starporträts der Schauspielerin Marlene Dietrich fort. Die Fotografie der Bildhauerin Renée Sintenis von Steffi Brandl als androgyner Sportlerin markiert eine Veränderung in der Selbstwahrnehmung der Frau.

Jedes Bild hängt auf einer eigenen farbigen Wand. Durch die Aufstellung der Wände im großen Saal ergeben sich mehrere kleine, offene, fünfeckige Räume, in denen thematisch verwandte Bilder nahe beieinander hängen.

Eine Ausnahme bilden die Lithografien, die Charlotte Berend 1919 von der Nackttänzerin Anita Berber anfertigte. Sie haben einen eigenen kleinen, in rosa gehaltenen, Raum bekommen. Diese delikaten Bilder sind damals nie öffentlich ausgestellt worden, sondern blieben in der Mappe oder fanden ihren Weg in Zeitschriften wie die so genannten Erotica.

Wer bisher dachte, dass Frauen in Preußen nichts zu sagen hatten, wird in „Preußens Eros – Preußens Musen“ eines besseren belehrt. Undine Zimmer

„Preußens Eros – Preußens Musen“, Haus der Brandenburgisch Preußischen Geschichte ist zu sehen bis zum 2. Januar, Dienstag bis Freitag 10-17 Uhr, Samstag, Sonntag und an Feiertagen 10-18 Uhr. Der Eintritt kostet 5, ermäßigt 3,50 Euro, freitags 3,50 Euro. Weitere Infos: www.hpbg.de

, ine Zimmer

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