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Melodram in der Schinkelhalle: Die Klagen der Ariadne

Sie will nicht mehr leben nach der großen Enttäuschung. Das Wasser scheint der letzte Ausweg zu sein.

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Sie will nicht mehr leben nach der großen Enttäuschung. Das Wasser scheint der letzte Ausweg zu sein. Die kretische Prinzessin Ariadne wird vom Griechen Theseus einsam auf der Insel Naxos zurückgelassen. So hat es Homer in seiner Odyssee angeordnet. Auch die Aufführung von „Ariadne auf Naxos“, die das Potsdamer „Theater I Confidenti“ in der Schinkelhalle zur Premiere brachte, folgt den Angaben des griechischen Dichters.Doch dann kommt es anders. Zum Finale wird Homer außer Acht gelassen, Georg Anton Bendas 1775 uraufgeführtes Melodram ausgeschaltet. In dieser neu entstandenen Gestaltungsform für die Bühne wechseln Musik und Text einander ab.

Ariadne bekommt in der Schinkelhalle Gesellschaft von Bacchus, dem griechischen Gott des Weins. Er verhindert ihren Selbstmord und bietet sich sogar als Liebhaber an. Doch der eitel schwadronierende Weingott kommt bei ihr nicht an und muss wieder Land gewinnen. Ariadne erinnert sich lieber an die Zeit mit Theseus, die schmerzliche Trennung.

Regisseur Jürgen Hinz, der sich nach längerer Zeit wieder der Regie zuwandte, setzt auf Kontraste. Die Inszenierung des Melodrams wird von zwei Szenen aus der Ariadne-Travestie des Goethe-Zeitgenossen August von Kotzbue gerahmt. Den Dichter amüsierte das Libretto, er persiflierte den Pathos der Protagonisten.

Das Komische ist in der Inszenierung mit dem Erscheinen des Bacchus von kurzer Dauer, das Tragische hat Vorrang. Regisseur Hinz achtete akribisch darauf, dass die Titeldarstellerin Alexandra Broneske das „wunde Herz“ nicht zu sehr vor sich herträgt. Auf einem Felsen dämmert Ariadne souverän vor sich hin, protestiert dann wieder mit aller Entschiedenheit gegen ihr trauriges Dasein. Mehr Aktion ist kaum auszumachen.

Doch Alexandra Broneske verkörpert ihre Rolle mit innerem Beteiligtsein und feinem Sinn für gestische Nuancen sowie sprachlicher Kompetenz. Zwischen Musik und Wort gibt es keine Brüche, die Anschlüsse sind perfekt, alles wird mit schöner Natürlichkeit gesprochen. Doch manchmal wünscht man sich mehr Kontrastierungen im Sprachduktus.

Bendas Musik mit ihren dramatischen und lyrischen Einwürfen ist faszinierend. Dafür war das „Ensemble Quatuor Voltaire“ mit Konzertmeister Wolfgang Hasleder zuständig. Es spielt mit großem Einsatz die Emotionen und Affekte, nur hin und wieder kommen sie nicht ganz sauber. Als Ouvertüre ist Mozarts Dissonanzenquartett zu hören – ein Hinweis darauf, dass auch der Wiener Komponist Bendas Melodram schätzte.

Neben Alexandra Broneske stehen Michael Günther als Bacchus und als ungetreuer Theseus auf der Bühne sowie Steffen Findeisen als Trompete schmetternder Herold und Nymphe Oreade, die Ariadne zur Seite steht. Die „komische Figur“ Bacchus liegt Günther besonders, mit Witz und humorvollen Einlagen bringt er den Kotzebue-Text ans Publikum.

Gespielt wird im Bühnenbild und in Kostümen von Christine Jaschinsky. Hohe Wellen umgeben die Insel, die abgeschlossen ist von dichtem Wald. Ähneln die gemalten Prospekte mit früheren Bühnenbildern, so werden die Kostüme mit Fantasie und Witz gestaltet. Klaus Büstrin

„Ariadne auf Naxos“, am 12. September, 19 Uhr und am 13. September, 16 Uhr, in der Schinkelhalle, Schiffbauergasse 4a

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