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Kultur: Die „Königlichen Visionen“ weiter tragen

Kulturhauptstadt GmbH will Symbol der Bittschriftenlinde aufgreifen / Ausstellung geht in den Endspurt

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Kulturhauptstadt GmbH will Symbol der Bittschriftenlinde aufgreifen / Ausstellung geht in den Endspurt Ganz unbeabsichtigt avancieren die „Königlichen Visionen“ zum besten Pilotprojekt um die Bewerbung Potsdams als europäische Kulturhauptstadt 2010. Als die Idee für diese Ausstellung des Potsdam-Museums im Kutschstall geboren wurde, dachte noch keiner an die Kulturhauptstadt. Doch die Konzeption trifft sozusagen mitten ins Herz der jetzt zu Papier gebrachten Bewerbungsschrift: als eine tolerante Stadt in der Mitte Europas möchte man im nationalen Wettstreit der 17 Bewerberstädte kräftig punkten. Wenn die „Königlichen Visionen“ am 28. März ihre Türen schließen, wird die Bittschriftenlinde aus der Ausstellung an die Kulturhauptstadt GmbH als Symbol weitergereicht. Entstanden als Replik auf das Original am Stadtschloss zu Zeiten Friedrich II. wurden bereits an die 600 Bitten an die neuzeitliche Linde gehängt. „Die meisten Wünsche gehen mit dem Wiedererstehen von Potsdams Mitte einher – von Stadtschloss, Stadtkanal und Garnisonkirche“, so die Kuratorin der Ausstellung, Dr. Friedhild den Toom im gestrigen Pressegespräch. Sehr oft sei auch der Toleranzgedanke auf die Wunschkärtchen geschrieben worden, bis hin zu der Vision: Potsdam solle Vorbild für die ganze Welt werden. Ergänzt würden die großen Gedanken durch Hoffnungen auf ein unmittelbar verbessertes Lebensumfeld, wie mehr Grün und mehr Sauberkeit in der Stadt. „Eine Schrift regte sogar an, dass vor jedem wichtigen Politiker eine Bittschriftenlinde aufgestellt werden sollte“, so die Kuratorin. Wie Moritz van Dülmen, der Projektleiter der Kulturhauptstadt GmbH betonte, wolle er den Geist der Ausstellung forttragen. „Der Inhalt der Bittschriften lässt spannende Auswertungsmöglichkeiten zu.“ Die Bittschriften würden am Ende der Kutschstall-Exposition in einem schönen Rahmen an den Oberbürgermeister übergeben. Mittelfristig soll die Linde ihren Platz im Alten Rathaus erhalten, wo auch die GmbH derzeit Quartier bezieht. Doch es werde auch überlegt, den Wunschbaum in den verschiedenen Stadtteilen zeitweise Wurzeln schlagen zu lassen. Über diese logistischen Fragen werde man gemeinsam mit dem Kulturhauptstadt-Verein Ende März auf einem Podiumsgespräch debattieren, so van Dülmen. 20 000. Besucher erwartet Noch aber steht die Linde in den „Königlichen Visionen“, wo man jetzt die letzte Runde eingeläutet hat. „Gerade, wenn es am besten läuft, muss man aufhören“, bedauert das Projektteam. Eine Verlängerung käme aber schon deswegen nicht in Frage, da die Leihgaben – darunter hoch empfindliche Textilien – wieder zurückgegeben werden müssten. So auch die originalen Altardecken der Garnisonkirche, die zuletzt in der Sanssouci-Stiftung verwaltet wurden. „Durch unsere Ausstellung haben wir jetzt den richtigen Eigentümer ausgemacht: das Deutsche Historische Museum. Wir treten sie gern ab, schon weil dort mehr Finanzen für die Restaurierung vorhaben sind“, so Dr. Friedhild den Toom. Es gäbe sowohl von der ersten 1722 erbauten Garnisonkirche als auch von dem zehn Jahre später errichteten Zweitbau eine Altardecke, die in der Schau zu sehen sind. In den nächsten Ausstellungstagen werde man die Schallmauer von 20 000 Besuchern erreichen, kündigte die Kuratorin an. Ein Rekord für das Potsdam-Museum bei regionalgeschichtlichen Schauen. Das zeuge auch davon, dass unbedingt ein stadtgeschichtliches Museum in Potsdam verortet werden müsse. „Gerade für die Jugend ist so eine Schau ganz anders als trockener Schulstoff, man kann Geschichten erzählen und die Fantasie anregen“, betonte die Kuratorin. Doch der Fachbereichsleiter für Kultur und Museum, Gerhard Meck, dämpfte sogleich übereilte Erwartungen. Erst einmal müsse das neue Theater stehen, die Schiffbauergasse fertiggestellt und die Hüllensanierung des Alten Rathauses erfolgt sein, bevor neuen Investitionen geschultert werden könnten. Angedacht sei für die ständige Geschichtssausstellung das Haus in der Benkertstraße. Der Ausbau werde rund 800000 Euro kosten. Hinzu käme die Innenausstattung und der Etat-Ankauf. Ein Lichtblick: Ab diesen Sommer wird sich bereits der dortige Innenhof für Veranstaltungen öffnen. Kaiserenkel und Ermäßigungen In der Kutschstall-Ausstellung gibt es in den verbleibenden drei Wochen noch einige Highlights, auf die Dr. Friedhild den Toom neugierig machte. So wird am 23. März Wilhelm-Karl Prinz von Preußen, Enkel des letzten deutschen Kaisers, über sein ganz persönliches Preußenbild sprechen. Auch die gut besuchten sonntäglichen Sonderführungen würden fortgesetzt, so am 14. März zum Thema Hugenotten in Potsdam. Großen Zuspruch habe die Seniorenwoche in der vergangenen Woche gefunden. „350 ältere Bürger nutzten den ermäßigten Eintritt von drei Euro. Wir werden diese Senioren-Ermäßigung nun bis Ausstellungsende beibehalten.“ Ab Dienstag können auch alle Touristen mit ausländischem Pass zu diesem ermäßigten Eintritt die Expositionen besuchen: Und das nicht nur in englischer, sondern auch in russischer Begleitung. Bislang hatte die Schau allerdings relativ wenig internationale Resonanz. „Wir müssen wieder eine königliche Stadt werden – am besten mit Kultur,“ fasste Gerhard Meck seine Wünsche für die Bittschriftenlinde zusammen. Heidi Jäger

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